archithese 4.2021

Norwegen

CHF 28.00, ISBN 978-3-03862-252-9, 104 Seiten, 20 × 28 cm

Eine Welt von Drachen und Wikingern wie auch von Funktionalismus und Typologisierung: Dieses Jahr widmet sich das 4. Heft der archithese Norwegen. Ein Land, das bekannt ist für seine Fjorde; schroffe, weite Landschaften und darin verstreute bunte Holzhäuser. Ein Land, das der Schweiz bei näherem Hinsehen gar nicht unähnlich ist.

Editorial DE

Norwegen

Mit seiner nordeuropäischen Randlage, dem zwischen Skagerrak und Barentssee sich erstreckenden Festlandkörper von 1750 Kilometern Länge sowie einer Küstenlinie von 29 000 Kilometern scheint Norwegen der Schweiz mit ihrer zentraleuropäischen Binnenlage und ihrer kompakten Form geradezu entgegengesetzt zu sein. Doch bei näherer Betrachtung gibt es auch Gemeinsamkeiten: In beiden Ländern hat sich die Bevölkerung gegen einen EU-Beitritt ausgesprochen, beide Länder galten einst als Armenhäuser Europas und zählen heute zu den reichsten Nationen der Welt – wobei der Aufschwung Norwegens erst infolge des Aufbaus der Erdölindustrie in den 1960er-Jahren gelang. Schliesslich verbindet auch die zu grossen Teilen raue, alpin geprägte Geografie die beiden Länder und hat im ruralen Raum historisch zu vergleichbaren Bautypologien geführt.
Die norwegische Architektur fand lange Zeit ausserhalb des Landes nur wenig Beachtung, sodass Christian Norberg-Schulz zu Beginn seines 1986 erschienenen Buches Modern Norwegian Architecture noch konstatierte, in Standardwerken zur Architektur des 20. Jahrhunderts komme Norwegen nicht vor. Einerseits fehle es an einer überragenden Figur wie Jacobsen in Dänemark, Asplund in Schweden oder Aalto in Finnland; andererseits sei die Debattenkultur zu selbstbezogen und wenig strahlkräftig.
Mehr als 30 Jahre später sind Norberg-Schulz’ Aussagen zu relativieren: Snøhetta oder Reiulf Ramstad zählen zu den auch ausserhalb ihres Landes wohlbekannten Architekturbüros, und die Stadtentwicklung von Oslo sowie das Programm der Nasjonale turistveger finden international ebenfalls viel Beachtung.
Auch im vorliegenden Heft finden Oslo und die architektonischen Interventionen der Landschaftsrouten Berücksichtigung. Ziel aber ist es, ein facettenreicheres Bild der Architektur in Norwegen entstehen zu lassen. Dazu dienen Essays und Exkurse zu Aspekten der modernen norwegischen Architekturgeschichte, aber auch Blicke weg von der Hauptstadt in die ländlichen Regionen und bis nach Spitzbergen. Norwegen ist mit 14 Einwohner*innen pro Quadratkilometer (bei der Schweiz sind es im Vergleich 208 EW/km2) extrem dünn besiedelt; Verdichtung ist damit weder Problem noch Thema. Schliesslich befragen wir norwegische Kolleg*innen, wie sie den Stand der Dinge und die Zukunft der Architektur in ihrem Land einschätzen.

Die Redaktion

Editorial EN

Norway

With its peripheral location in northern Europe and 29 000 kilometers of coastline, mainland Norway, which covers a distance of 1750 kilometers from the Skagerrak to the Barents Sea, seems to be the exact opposite of Switzerland, with its compact shape and landlocked borders in central Europe. But on closer inspection, there are also similarities: Both countries have rejected EU membership and both countries were once regarded as Europe’s poorhouses but are now among the richest in the world – although Norway’s economic upturn came only with development of the oil industry beginning in the 1960s. Lastly, the largely rugged, alpine landscape of the two countries unites them and has historically led to comparable building typologies in rural areas.
For a long time, little attention was paid outside Norway to the country’s architecture, a fact that Christian Norberg-Schulz addresses at the beginning of his book, titeled Modern Norwegian Architecture (1985) noting that his native country has been absent in standard works on 20th century architecture. To begin with, the country lacked a preeminent figure like Jacobsen in Denmark, Asplund in Sweden or Aalto in Finland, in addition the debate culture in Norway seemed to be too self-absorbed and lackluster.
After more than 30 years, Norberg-Schulz’s assertions need to be put into perspective: Snøhetta and Reiulf Ramstad are amongst the most highly regarded architectural firms in and outside their own country, and both Oslo’s urban development and Norway’s Nasjonale turistveger attract much international attention. Oslo and the architectural interventions along the Norwegian Scenic Routes are covered in this issue, too. But the goal is to allow a more comprehensive picture to emerge. Essays and forays into aspects of modern Norwegian architectural history serve this purpose, as do glimpses away from the capital, into the rural regions and as far flung as Svalbard – with 14 inhabitants per square kilometer, Norway is extremely sparsely settled (Switzerland: 208); densification is thus neither a problem nor an issue. Finally, we ask Norwegian colleagues how they assess the state of affairs and the future of architecture in their country.

The Editors

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