Jeden Herbst setzt sich die Redaktion der archithese mit rund 200 neuen Bauwerken auseinander – den möglichen Kandidaten für unser jährliches Best-of der Schweizer Architektur. Auch für die Swiss Performance 2018 wurden wir wieder von Lesern und Freunden auf viele Projekte aufmerksam gemacht, andere sind uns bei unseren Reisen aufgefallen. Doch die meisten wurden den Redaktoren auf Nachfrage von dutzenden Architekturbüros von Genf bis St. Gallen und von Basel bis Mendrisio anhand von Plänen und Fotos zugeschickt.
War 2016 von der Fertigstellung vieler grosser Museums- und Kulturbauten wie der Elbphilharmonie geprägt, an deren Besprechung aufgrund ihrer Bedeutung und Qualität kein Weg vorbeiführte, so ist 2017 ein « leiseres » Jahr gewesen. Gut so! Denn das schärft den Blick für das Besondere im Alltäglichen und ermöglicht auf die Grundrisse, Details und Kontextualisierungen von Siedlungen, Wohnhäusern, Bürobauten und Schulen zu fokussieren.
Mindestens 50 Neubauten erschienen uns letztlich als solide, gut oder gar aussergewöhnlich. Doch wie sollten wir daraus acht Projekte für das Heft auswählen ? Jedes Jahr gilt es dafür aufs Neue Kriterien zu definieren. Das ist Freude und Qual zugleich, vor allem aber ein Privileg. Bei vielen Architekturpreisen, die inspiriert von den Swiss Performances ins Leben gerufen wurden, bemühen sich Jurys und Laudatoren in ihren Begründungen alljährlich um die richtigen Worte. Warum die gekürten Häuser so besonders sind, bleibt dennoch oft undurchsichtig, weil neben architektonischen, politischen und sozialen Agenden immer auch wirtschaftliche Verflechtungen im Hintergrund wirken.
Die Swiss Performance ist frei davon, und wir haben sie noch von weiteren Zwängen befreit: So haben wir in diesem Jahr bewusst nicht ausschliesslich « die Besten » gesucht, sondern einfach nach acht interessanten Bauten zu den im Idealfall relevantesten Diskursen. Sie sind herausragend, kontrovers oder auch problematisch – mitunter alles zugleich, je nachdem, aus welchem Blickwinkel und im Rahmen welcher Metathemen sie diskutiert werden. Im besten Fall sind die Konzepte und Herangehensweisen übertragbar, zeigen Probleme auf oder öffnen grundlegende Debatten. Wie kann beispielsweise in Villenvierteln oder generischen modernen Wohnquartieren nach-verdichtet werden? Wie können in dörflichen Strukturen neue Siedlungen integriert werden ? Können oder müssen sie sich gestalterisch am Bestand orientieren oder läuft man so Gefahr, in Nostalgie oder gar Kitsch abzugleiten; in Bilder, die der gesellschaftlichen Realität nicht entsprechen? Was passiert mit den Seefronten der Schweizer Städte, wenn dort aktuell einige historistische Monumentalbauten ausgetauscht werden? Wie können leer stehende innerstädtische Bürobauten mit ihren tiefen Grundrissen zu Wohnhäusern umgenutzt werden ? Kann die Dominanz hermetisch geschlossener Lochfassaden bei Wohntürmen zugunsten grosszügiger, halbprivater Freiräume aufgebrochen werden ? Und last, but not least geht es bei den vorgestellten Diskursen auch um das Bauen in den Bergen: Sollen Berge Naturreservat oder Raum für touristisches Spektakel sein?
Wie in den Swiss Performances der beiden Vorjahre haben wir das Heft auch diesmal genutzt, um nach Spielräumen für die Architekturfotografie zu suchen. Eigens für diese Ausgabe hat Pro Helvetia einen Wettbewerb für junge Fotografen lanciert. Die acht Sieger – Absolventen von ECAL, CEPV und ZHdK – haben die Bauten auf ihre persönliche Art interpretiert. Sie bedienten sich beim Inszenieren, Fokussieren, Ablichten und Nachbearbeiten verschiedener Methoden und Techniken. Einen Teil der Arbeiten sehen Sie im Heft, weitere zeigen wir vom 5. bis 15. April 2018 im Architekturforum Zürich in einer Ausstellung.