archithese 2.2022

Anders nutzen

CHF 28.00, ISBN 978-3-0386-2-254-3, 96 Seiten, 20 × 28 cm

Die gebaute Umgebung des Menschen unterliegt seit jeher kontinuierlicher Wandlung. Werden Funktionen obsolet, so stehen auch die damit verbundenen Bauten zur Disposition. Seit den Modernisierungsschüben des 19. Jahrhunderts, die mit der Entfestigung der Städte und der Implementierung einer zeitgemässen Infrastruktur begann, hat der Rhythmus der Obsoleszenz zugenommen. Mit Anders nutzen wollen wir den Phänomenen nachgehen, die mehr sind als das durch frühere Obsoleszenzen ausgelöste Umnutzen.

Editorial DE

Anders nutzen

Die gebaute Umgebung des Menschen unterliegt seit jeher kontinuierlicher Wandlung. Werden Funktionen obsolet, so stehen auch die damit verbundenen Bauten zur Disposition. Ob sie abgerissen werden oder erhalten bleiben, ist jeweils Resultat einer Kosten-Nutzen-Rechnung. Die Ökonomie der Mittel sprach kulturhistorisch gesehen vielfach für eine Transformation, wenn die Substanz sich als hochwertig darstellte. Daher sind Repräsentationsbauten früherer Zeitstufen eher erhalten geblieben als Alltagsarchitekturen.
Seit den Modernisierungsschüben des 19. Jahrhunderts, die mit der Entfestigung der Städte und der Implementierung einer zeitgemässen Infrastruktur begann, hat der Rhythmus der Obsoleszenz zugenommen. Wie umgehen mit den historischen Orten der Produktion, das war das urbanistische Megathema des ausgehenden 20. Jahrhunderts. Es verband sich an vielen Orten mit einer zweiten Thematik, der Revitalisierung der brachgefallenen Hafenareale. Dann setzte die Debatte um die Shrinking Cities ein.

Mehr und mehr zeichnen sich derzeit die Folgen der Pandemie in unseren Städten ab: Geschäftsleerstände und überflüssige Warenhäuser sind Folgen eines veränderten Konsumverhaltens, das, durch die Digitalisierung ausgelöst, schon vor Corona einsetzte, aber jetzt mit neuer Intensität in Erscheinung tritt. Mit Anders nutzen wollen wir den Phänomenen nachgehen, die mehr sind als das durch frühere Obsoleszenzen ausgelöste Umnutzen. Die Herausforderungen sind nicht neu, aber infolge der Coronakrise verstärken sie sich: Was geschieht mit nicht mehr benötigten Geschäftsflächen? Wie entwickelt sich das Verhältnis von privat und öffentlich? Wie soll der städtische Raum in Zukunft aussehen? Und welche Strategien könnten helfen, auf Klimakrise und Ressourcenverschleiss zu reagieren?
archithese begibt sich auf eine tour d’horizon zum Umgang mit dem baulichen, verkehrlichen und städtebaulichen Bestand in einer Welt nach der Pandemie. Wirkliche Lösungen, so zeigen eine Reihe von Beiträgen, zeichnen sich erst in Ansätzen ab. Wir befinden uns in der Phase der Anamese und Diagnose. Therapien sind noch zu finden.

Die Redaktion

Editorial EN

Use Different

Humanity’s built environment has always been in continual transformation. When functions become obsolete, the structures built for them are then also open for disposition. Whether they are torn down or retained is always the result of a cost-benefit calculation. From a cultural-historical viewpoint, the economy of means often favored transformation if the building fabric appeared to be of high quality. Consequently, prestigious buildings of earlier periods are more likely to have survived than everyday architecture.
Ever since the 19^th century’s bursts of modernization, which began with the defortification of cities and the implementation of contemporary infrastructures, the rhythm of obsolescence has sped up. How to deal with the historical sites of production was the urbanist mega-topic of the late 20^th century. It converged in many places with a second theme, the revitalization of disused harbor areas. Then the debate on shrinking cities began.

Today, the pandemic’s consequences are becoming more and more apparent in our cities: Vacant shops and superfluous department stores are the consequences of a shift in consumer behavior, triggered by digitalization, that began well before corona’s arrival but is now appearing with new intensity. With Anders nutzen, our aim is to survey phenomena that transcend the repurposing precipitated by previous obsolescence. The challenges are not new, but in the wake of the corona crisis they are deepening: What happens to retail space that is no longer needed? How will the relationship between private and public evolve? What should urban space look like in the future? And what strategies could help respond to the climate crisis and resource depletion?
In this issue, archithese sets out on a tour d’horizon that explores ways to deal with the architectural stock, the transport infrastructure and the urban fabric in a post-pandemic world. These pages reveal that a series of real solutions are just beginning to emerge. We are in the early phase of gathering data and reaching a diagnosis. Therapies remain to be found.

The Editors