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Kaffee und Lehm

Die Expo 2020 in Dubai steht unter dem vielmeinenden, doch wenig sagenden Motto Connecting Minds, Creating the Future. Österreichs Pavillon wird vom Büro querkraft aus Wien gestaltet, das sich im Wettbewerb durchgesetzt hat. Am Golf werden die Architekten ein Kaffeehaus aus Stampflehm bauen. Sie wollen den Besuchern nicht nur einen gemütlichen Ort zum Gedankenaustausch bieten, sondern vor allem ein Statement zu Fragen der Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung liefern.

Text: Julian Bruns – 25.9.2018
Pläne und Visualisierungen: querkraft architekten

 

Digitalisierung und Kaffeehaus
Wir sind täglich mit einem nicht abreissenden Strom von Informationen konfrontiert. Unsere Aufmerksamkeitsspannen werden immer kürzer. In all der Hektik wird der Wunsch nach Entschleunigung grösser. Ein idealer Ort zum Innehalten ist nach Meinung der Architekten vom Wiener Büro querkraft das gute alte Kaffeehaus. Mit ihrer Idee, dem zu erwartenden Trubel der Expo 2020 einen solchen Ort entgegenzuhalten, haben sie den Wettbewerb für Österreichs Beitrag zur Weltmesse gewonnen. Ihr Pavillon soll ein Raum für den interkulturellen oder -disziplinären Austausch und zum Netzwerken werden – vermutlich ganz im Sinne der Veranstalter.

 

Aufruf aus Stampflehm
Ihren Kaffee trinken werden die Besucher in einem Konglomerat aus abgestumpften und nach oben offenen Kegelfiguren. Der Baukörper wird einen rechteckigen Fussabdruck haben und neben einem Innenhof mit Wasserbecken Platz für einen Kiosk, eine Küche, Büro- sowie Lagerräume bieten. Gebaut wird aus Stampflehm. Dafür führen die Architekten mehrere Gründe an: Sie wollen das expressive Potenzial von vermeintlich primitiven Konstruktionsweisen zeigen. Doch soll nicht nur eine Debatte um Ästhetik geführt werden: Mit seiner Gestaltung will das Team von querkraft einen Aufruf formulieren, den Austausch über kulturelle Grenzen hinweg zu suchen. Im konkreten Fall wollen die Architekten von den vernakulären Konstruktions- und Bauweisen des Gastgeberlandes lernen. Und schliesslich geht es ihnen um ein Statement in Sachen Nachhaltigkeit: Unbehandelter Lehm ist komplett recyclebar und damit prädestiniert für temporäre Messebauten. Weiter soll seine Verwendung auf den Widerspruch zwischen dem Bemühen um Ressourcenschonung und einer als verschwenderisch empfundenen Weltausstellung aufmerksam machen. Schliesslich soll der Pavillon in den Hitze Dubais ohne Gebäudetechnik auskommen. Demnach verhindern die offenen kegelförmigen Baukörper eine direkte Sonneneinstrahlung und bewirken gleichzeitig einen Kühleffekt, weil kalte bodennahe Luft angesogen und nach oben transportiert wird.

 

Die EXPO 2020 findet vom 20. Oktober 2020 bis zum 10. Apri 2021 in Dubai statt.

 

> Viel Erfahrung im Lehmbau hat auch Francis Kéré. In archithese 4.2018 Landart / Erdarchitektur, die am 1. Dezember 2018 erscheint, spricht er über seine Arbeiten.

> Ein Schulhaus aus Stampflehm: Martin Tschanz schrieb in Swiss Performance 2013 über das Schulhaus Allenmoos von Roger Boltshausers in Zürich.

> Im Mai 2017 wurde bekannt: Peter Zumthor wird die Foundation Beyerler in Riehen mit einem Museumsraum aus Stampflehm erweitern.

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