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I prefer not to

Peter Swinnen, ehemaliger Vlaams Bouwmeester, Kopf des Studios 51N4E und aktuell Gastdozent an der ETH Zürich, will die Studierenden zu kritischen Neinsagern erziehen. Sie sollen lernen «belanglose, qualitätsarme oder sinnwidrige» Bauaufträge abzulehnen. Im Laufe des Frühlingssemesters hat Swinnen deshalb Künstler und Architekten eigeladen, um über die Rolle der Architektur in der Gesellschaft und der politische Verantwortung des Architekten zu debattieren. Nächsten Dienstag wird Anne Lacaton ihren Beitrag zur Diskussion leisten.

 

Text: Anne-Dorothée Herbort – 18.4.2017
Bild: Lacaton & Vassal Architectes, Place Léon Aucoc, Bordeaux, 1996

 

Die linke Hand der Politik
Peter Swinnen bezeichnet sich als Architekt und «Politflüsterer» und vertritt ein starkes Statement: Architektur sei als kritische Verkörperung des sozialen Konsens vollständig Teil politischer Strategien. Zudem seien sich auf der einen Seite die politischen Abgeordneten nicht bewusst, wie stark Architektur die Zukunftspläne der Gesellschaft mitbestimme und auf der anderen Seite verhielten sich die Architekten sehr zurückhaltend, wenn es darum gehe aktiv am politischen Prozess teilzunehmen. Swinnen möchte die Rolle des Architekten neu kalibrieren. Als Planer soll er seine beratende Rolle der Gesellschaft erneut einnehmen und als Mediator bei der Formulierung von Strategien und neuen politischen politischen Konzepten zur Seite stehen.

 

Soziale Bedürfnisse erkennen
Seit Herbst vergangenen Jahres unterrichtet Peter Swinnen als Gastdozent an der ETHZ und versucht den Studierenden seines Ateliers aufzuzeigen, welche Potenziale sich entwickeln können, wenn der Architekt die Wünsche der Gesellschaft frühzeitig erkennt und noch vor der eigentlichen Bedürfnisformulierung und Zusammenstellung des Raumprogramms eines Bauvorhabens involviert ist. Swinnen sieht die Architektur als öffentliches Gut und als Werkzeug zur Befriedigung von sozialen Bedürfnissen. Peter Swinnen geht den Studierenden mit gutem Vorbild voran. Zwischen 2010 und 2015 war er als Staatsarchitekt für die flämische Region tätig und entwickelte in dieser Position strategische Instrumente, die in Pilotprojekten im sozialen Wohnungsbau, Kliniken und Infrastrukturen zur Energiegewinnung einflossen. Neben der Tätigkeit als Architekt im Büro CRIT mit Sitz in Brüssel forscht Peter Swinnen im Bereich der politischen Architektur an der KUL Universität. Zudem ist er Kopf des Studios 51N4E.

 

Kritischer Verzicht
Die Vortragsreihe I prefer not to des Frühlingssemesters seines Ateliers an der ETH befasst sich mit dem kritischen Verzicht. Peter Swinnen hat Architekten und Künstler zu einem Gespräch eingeladen, die im Verlaufe ihrer Karriere bewusst und bestimmt «Nein» gesagt haben und so ihre Verantwortung gegenüber der Gesellschaft wahrnahmen. Die «No architecture» von Anne Lacaton und Pierre Vassal scheint dem Wertekatalog Swinnens zu entsprechen. Denn auch die französischen Architekten haben sich Wirtschaftlichkeit als soziale Verpflichtung auf die Fahne geschrieben.

 

Anne Lacaton wird am Dienstag den 25.4.2017 um 18.30 Uhr im Studio Swinnen, HIL E4 an der ETH über ihre «no architecutre» sprechen. Am 3.5.2017 um 14.30 Uhr werden Laurent Stalder und François Chabonnet die Vortragsreihe I prefer not to abschliessen.

 

 

> Der Beitrag von 51N4E zum Wettbewerb zur Umgestaltung des Skanderberg Platzes in Tirana hat es auf das Cover der archithese 3.2015 Balkan Beats geschafft. Im Essay «Tirana ist (k)eine Insel» stellen Joana Dhiamandi und Saimir Kristo unter anderem auch ihren TID-Tower, der im Zentrum von Tirana steht, vor.

> 2016 lancierte die Zürcher ETH in Kooperation mit dem Architekturdepartement der Polytechnischen Universität Madrid einen neuen Studiengang mit Schwerpunkt Wohnungsbau. Anne Lacaton tritt dort unter anderen neben Annette Gigon, Anna Heringer, Dietmar Eberle, Patrick Gmür, Hrvoje Njiriç und Andrea Deplazes in Aktion.



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