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Gläsernes Vorzimmer

Gian Salis Architekten lassen sich von den Schwingungen klassischer Musik und der aargauischen Hügellandschaft inspirieren und erweitern die Alte Kirche in Boswil, die seit den 1960er-Jahren als Kulturzentrum dient, mit einem eleganten Foyer.

 

Text: Anne-Dorothée Herbort – 1.3.2017
Fotos und Pläne: Gian Salis Architektur, Foyer, Alte Kirche Boswil, 2017

 

Von der Ritterburg zum Kulturzentrum
Bereits im Mittelalter stand auf dem Moränenhügel am Dorfrand von Boswil eine Fluchtburg, die später durch eine romanische Kirche erweitert wurde. Nachdem der Besitz 1483 ans Kloster Muri überging, wurde die Kirche 1664 im barocken Stil überformt. 1757 kam noch ein Pfarrhaus dazu. Die Gemeinden Boswil und Bünzen wuchsen und liessen eigene grössere Kirchbauten errichten und enthoben die Alte Kirche des Amtes. Seit 1890 dienen die kirchlichen Räumlichkeiten und das Pfarrhaus kulturellen Aktivitäten. Erst als Atelier und Künstlerresidenz, heute finden in den Räumen klassische Konzerte statt. Auf Anfang Jahr wurde die verfügbare Fläche für Konzerte, Musikfestwochen, Symposien und Meisterkurse durch ein südlich angebautes gläsernes Foyer wesentlich vergrössert.

 

Geschwungenes Dach auf pragmatischer Box
Eine Mauer umringt den Moränenhügel auf dem die Alte Kirche am Dorfrand des aargauischen Boswil thront und fasst Kirche und Garten zu einem Ensemble zusammen. Das grosse gewellte Holzdach ragt weit in den Park hinein, lässt aber durch seinen transparenten Glasunterbau den Ausblick auf die umliegende Landschaft und die Alpen frei. Im Sommer spendet das aus verleimten Holzträgern konstruierte und mit Klötzen miteinander steif verbundene Dach Schatten. Im Winter schützt die filigrane Metall-Glas Konstruktion vor Wind und Schnee. Trotz der feinen Strukturen von Dach und Verglasung erhält der orthogonale Anbau eine starke Präsenz auf dem Kirchenhügel und deutet so auf die profane Nutzung hin, verdrängt aber die Parkanlage und rückt zur kleinen Kapelle in eine kritische Nähe. Umso ausladender ist die barock anmutende Treppe aus Mägenwiler Muschelkalk, die einen neuen Zugang zum Konzertsaal ermöglicht und das Foyer in zwei Bereiche teilt. Der Innenraum der Kirche wurde von den Einbauten aus den 1980er-Jahren befreit und in Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege sanft saniert.
Schade war der Schwung vom Dach nicht stark genug, um auch das gläserne Vorzimmer in Bewegung zu bringen und es passgenau in den Kirchgarten einzufügen. Dies sollte aber Musikliebhaber nicht daran hindern, sich unter dem wohlgeformten Dach einzufinden und voller Vorfreude auf hochstehende klassische Musik den Blick auf die aargauische Hügellandschaft schweifen zu lassen.

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