Das aktuelle Heft: Japan
Kaum ein anderes Land inspiriert den westeuropäischen Architekturdiskurs so langanhaltend wie Japan. Vor mehr als 20 Jahren hat archithese zuletzt auf Japan geschaut – nun ist es wieder Zeit!
Was wir in Europa als «typisch japanisch» verstehen, unterliegt einem Wandel. Spätestens seit der Jahrtausendwende ist es erneut das Bild einer oft leichten, ätherisch anmutenden und immateriellen Architektur – von SANAA über Sou Fujimoto bis hin zu Junya Ishigami.
Auf der Redaktionsreise nach Japan besuchten wir zuerst Ishigamis jüngstes Projekt, die KAIT Plaza, und waren hinsichtlich der Bewertung uneins. Deshalb beziehen Nele Rickmann und Hubertus Adam am Ende dieses Hefts in ihrem Gespräch auch konträre Positionen. Vielleicht ist Ishigamis KAIT Plaza eines jener Projekte, in denen eine radikalisierte Architektur in künstlerischen Ästhetizismus umschlägt – und daher ein Wendepunkt für die Wahrnehmung der Architektur in Japan.
Anschliessend sind wir einige Tage mit Momoyo Kaijima durch das Land gereist. Inspiriert von Terunobu Fujimoris ROJO (Road Observation Society) begann Atelier Bow-Wow mit dem Studium anonymer Architekturen in Tokyo, was in Publikationen wie Pet Architecture oder Made in Tokyo mündete. Damit haben Kaijima und Tsukamoto eine jüngere Generation von Architekt*innen in Japan beeinflusst. Diese reagiert auf Veränderungen in der japanischen Gesellschaft – seien es die Herausforderungen nach dem Erdbeben und Tsunami von 2011 oder die Fragen, die sich angesichts einer überalternden Population sowie der Gleichberichtigung der Geschlechter stellen und sich auf Betreuungsangebote jeglicher Art auswirken. Die Beiträge in diesem Heft widmen sich diesen Fragestellungen, wobei mitunter die Architektur gar nicht im Vordergrund stehen muss.
Daneben ist es eines unserer Ziele, auch die japanische Architekturgeschichte in ihrer Vielschichtigkeit zu zeigen. Dass es neben Kenzo Tange, Kunio Maekawa und Kazuo Shinohara nach dem Zweiten Weltkrieg auch andere Positionen gab, zeigen die Texte über den im Ausland weitgehend unbekannten Architekten Seiichi Shirai und weibliche Architektinnen im 20. Jahrhundert.
Die Redaktion
> Die aktuelle archithese Japan ist ab heute im Onlineshop erhältlich.