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architektur0.15 – unsere Highlights

Die Zürcher Schau ist stringenter als in den Jahren davor.

 

Autor und Fotos: Jørg Himmelreich – 1.11.2015

 

Seit 2012 präsentiert die Blofeld Entertainment GmbH jährlich eine Architekturausstellung in der Zürcher Maag Halle. Auf grossen weissen Styroporblöcken zeigen Architektinnen und -forscher ihre Arbeiten – in Form von Zeichnungen, Skizzen, Fotos, Materialproben und Modellen. Bisher war dies stets ein Kessel Buntes; den roten Faden suchte man vergeblich. Dieses Nebeneinander kann inspirierend sein, vorausgesetzt jedoch, dass Überraschung zu finden sind.

 

Äpfel neben Birnen
Die Exponate der letzten Jahre zeigten qualitativ einige starke Ausreisser nach oben – leider aber auch nach unten. Das hat wohl mit dem System zu tun, das ein Mix aus Messe und kuratierten Inhalten ist: Viele Aussteller mieten ihren Stand, andere werden von den Veranstaltern eingeladen. Positiv blieben die Betonskulpturen von Michael Hirschbichler, der Modellturm von Pascal Flammer oder die kritische Auseinandersetzung mit den Medien und Floskeln des architektonischen Diskurses von Rafael Schmidt in Erinnerung. Das harte untere Ende der Scala bildeten zwei Publikumsabstimmung: Die Besucher waren aufgefordert mit farbigen Stecknadeln zu entscheiden, ob nun Zürich oder Basel die Architekturhauptstadt der Schweiz, oder ob Zumthor oder Botta der bessere Architekt sei. Das war nicht nur banal, sondern bereits ärgerlich. Es schien offenkundig, das die Schau für interessierte Laien und nicht für das Fachpublikum konzipiert ist.

 

Mehr Dichte und weniger Ausreisser
Heute entschied ich dem Format dennoch wieder eine Chance zu geben. Hatten die Macher der architektur0.15 doch als Schwerpunkt die «Vision in der Architektur» ins Zentrum gerückt. Das machte uns neugierig. Auch in der Redaktion der archithese treibt uns dieses Thema um (unser Dezember-Heft 2016 wird ganz im Licht von Zukunftsmodellen stehen). Und: Der Besuch hat sich gelohnt. Das Format ist gereift – die Ausstellung kommt erwachsener daher. Noch immer stehen zwar Äpfel neben Birnen, aber alle drei grossen Räume wirken dichter und professioneller bespielt, als in der vergangenen Jahren. Auch die Versuche einiger Aussteller von der Verwendung der weissen Styroporkuben als einfachem Tisch kreativ abzuweichen (und sie stattdessen fliegen, stürzten oder splittern zu lassen), blieb dieses Jahr erfreulicherweise fast gänzlich aus. Auch das lässt die Ausstellung sachlicher, ruhiger, und inhaltsschwerer daherkommen. Nur einen Wunsch hätten wir für das kommende Jahr: Die beschreibenden Texte und Kurzbiografien der Autorinnen könnten höher abgebracht sein. Zumindest haben wir aber heute nachmittag mit vielen Squats en passant unsere Beinmuskulatur trainiert...

 

Die architektur0.15 hält ihre Tore noch bis einschliesslich Dienstag geöffnet.




Auch einige Beiträge zur Landschaftsarchitektur waren in diesem Jahr vertreten. Hier ist eine Arbeit von Stefan Weissen zu sehen, die an der Hochschule für Technik Rapperswil entstanden ist. 

 

Christopher Alexander schrieb: A City is not a Tree, um deutlich zu machen, dass Städten nicht funktional im Sinne von Baum-Diagrammen gedacht werden dürfen. Professorin Andrea Cejka zeigt, dass die Überlagerung der Abgüsse von Mammutbaumblättern mit Kartenmaterial der Zürcher Landschaft durchaus inspirieren kann. Es geht Autor Stefan Weissen darum, die feingliedrige Textur und die mächtige Erscheinung des Blatt-Reliefs durch den Abguss sichtbar zumachen – als Spiegel zwischen den Massstäben von Städtebau und architektonischem Detail. 

 

Letzten Freitag wurde auf der archithese Konferenz zum Städtebau in Zürich über Strategien zur Verdichtung diskutiert. Da es in komplexen Eigentumsverhältnissen und ebenso vielfältigen Regelwerken zu agieren gilt, steht auch eine Debatte über den Umgang mit beiden Parametern an. Schnelli Meier Blum Architekten aus Zürich greifen das Thema in ihrem Beitrag spielerisch auf: Sie loten Wege aus, wie mit einer Tauschbörse innerhalb der bestehenden Regulierungsinstrumente Potenziale freigespielt werden können. Dabei steht Vielfalt vor Einheit – als Chance gegen die «Uniformität der Schweizer Stadtlandschaften».

 

Architektin und Forscherin Medine Altionk zeigt Bilder, Diagramme, Thesen und Karten zu drei Forschungsprojekten. Margarete von Lupin diskutiert mit der Autorin anhand von Ferdinand Pouillons Climat de France in Algier über das Verhältnis von Grossform und Öffentlichkeit bezogen auf die Möglichkeiten von Aneignung und Vielfalt der Nutzung.

 

Die Collage verschiedener Fassadenausschnitte von Blockrandbebauungen steht für Blätter Heiner Architektur für das Bauen in Zürich von heute. Wir fragten uns, ob tatsächlich derzeit Vielfalt und Detailreichtum entstehen? Auf der Rückseite gibt es Einblicke in verschiedene Wohnformen zu sehen. 

 

antón & ghiggi landschaft architektur zeigen den Pfingstweidpark, den sie zusammen mit Baumann Roserens Architekten und der Ethnologin Flavia Caviezel entwickelt haben. Besucher sind eingeladen, sich selber ein Bild von der nur wenige Gehminuten entfernten neuen Grünanlage zu machen. Auch die Redaktion der archithese hat sie besucht und wird sie bald hier im Blog kritisch vorstellen.

 

Philip Loskant meint: «Architektur soll bewegen, soll bedeuten, soll Tor zu einer anderen Welt sein. Eine Welt, die in uns schlummert, die sich nach Grösse sehnt, nach Ehrfurcht, nach Unendlichkeit.» Seine Sehnsucht teilen wir und drehen in der Fantasie gleich gemeinsam eine Runde im Millennium Falcon um die Sagrada Familia. 

 

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