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Dezente Dialoge

Das Institut für Geschichte und Theorie der Architektur der ETH Zürich bietet drei Ausstellungen zur selben Zeit an einem Ort: Am 20. April wurden 17 Volcanoes, John Hejduk und Drawings by OFFICE Keersten Geers David van Severen auf dem Hönggerberg eröffnet. Als Feuerwerk von Zeichnungen, Fotos und Videos stehen sie auf den ersten Blick ohne Beziehung zueinander, doch bei näherem Hinsehen zeigt sich ein sanftes Geflecht von Dialogen.  

 

 

Text: Hannah Knoop – 21.4.2016

Der «Humboldt» Javas in Zürich

Vulkanismus – durch den Erdmantel dringt Magma und bahnt sich kraftvoll seinen Weg zur Erdoberfläche. Ein spektakulärer Prozess, gewaltig und ursprünglich, der beim Betrachter schaurige Faszination auslöst. Ein Vulkan ist Zeichen und Mahnmal der zerstörerischen Kraft der Natur, der auch in inaktivem Zustand noch eine eindrucksvolle Erhabenheit ausstrahlt. Die Faszination für Vulkane hat den deutschen Geologen und Botaniker Franz Junghuhn Zeit seines Lebens begleitet. Die neue Ausstellung des gta 17 Volcanoes bringt die Vulkane Javas nun auf den Hönggerberg. Im Foyer des HIL Gebäudes auf dem Zürcher Hönggerberg werden derzeit Auszüge aus Junghuhns Büchern gezeigt. Sie ermöglichen es, die Routen und Forschungsergebnisse mehrerer Expeditionen nach Java nachzuvollziehen. Parallel gibt es zeitgenössische Künstlerpositionen zu sehen. Während die kolorierten Lithographien des Geologen in traumhafte Gefilde entführen, sind die neuen Beiträge eine Spurensuche und zeigen Neuinterpretationen von Junghuhns Wegen in Indonesien. Auch die beiden ETH-Professoren Philip Ursprung und Alex Lehnerer reisten mit Studenten, Doktoranden und Assistenten nach Java und reihen sich damit in den Reigen derer ein, die in Junghuhns Fussstapfen wandeln. Dabei wurden sie unter anderem vom holländischen Fotografen Bas Princen begleitet, dessen Fotografien Kraft und Macht von Javas Vulkanen eindrucksvoll transportieren. In der Ausstellung sind zudem Beiträge der Künstler Armin Linke, U5 (Martin Kunz, Stefanie Rubner, Berit Seidel) und Wermke / Leinkauf zu sehen.
Philip Ursprung erklärte in seiner Einführung, dass Wissenschaft unsere Umwelt vermesse, während Architektur sie manipuliere. So entstünde der Bezug beider Disziplinen in ihrer Kooperation, die im Kontext der Ausstellung stattfände.

 

Referenzen
Im grossen Ausstellungsraum des gta sind die Ausstellungen von OFGDVS und Hejduk einander gegenübergestellt. Die eingestellte, mit spiegelnder Folie beklebte Wand unterteilt den Raum in zwei Bereiche. Als Ausstellungsfläche wird sie nicht genutzt; vielmehr wirkt sie selber in ihrer Inszenierung als Exponat. Sie erinnert an die Gestaltung des belgischen Pavillons 2008 auf der Architekturbiennale in Venedig – zu sehen auf einem gerahmten Foto von Bas Princen. Daneben die Inspirationsquelle und Referenz des Büros: das Bild ZigZag des belgischen Künstlers René Daniëls. Die silbernen Stühle im Raum sind ein weiterer Verweis auf den Pavillon, in dem schwarze Sitzmöglichkeiten dieser Art die einzige Möblierung waren.
Die Zeichnungen von OFGDVS wurden auf matte Folien gedruckt und unmittelbar auf die raumhohen Glasflächen angebracht. Dass die Fenster als Ausstellungsfläche für die Zeichnungen genutzt werden, hat zur Folge, dass ein Bezug zum Geschehen im Aussenraum etabliert wird.

 

Wie Zeichnungen Prozesshaftigkeit vermitteln
Die collagenartigen Zeichnungen des belgischen Büros in den Fenstern machen deutlich, dass es sich um Momentaufnahmen eines Prozesses handelt, und weniger um Darstellung einer Vision, wie sie derzeit in Form von Renderings verbreitet sind. Sie zeigen vielmehr das Tastende im Entwurfsprozess.
Jenseits der eingestellten spiegelnden Wand befindet sich das Spiegelkabinett, welches jedoch tatsächlich ein «Drawing Cabinet» ist: Hier sind die präzisen schwarz-weiss-Zeichnungen des US-Amerikaners John Hejduk ausgestellt. Diese detaillierten und akribisch von Hand gezeichneten Pläne der experimentellen Entwürfe stehen im Kontrast zu den perspektivischen Zeichnungen der realisierten Projekte des OFFICEs. Im Kabinett sind zudem Skizzen, Axonometrien und Dias ausgestellt. Letztere spannen wieder einen Bogen zu den zeitgenössischen Zeichnungen des Büros OFFICE, sind sie doch in ihrer Darstellung perspektivisch und farbig.

 

Dezente Dialoge
In welchem Bezug die drei Ausstellungen über OFGDVS, Hejduk und die Volcanoes stehen, bleibt auch nach der intensiven Beschäftigung mit ihnen unklar. Wahrscheinlich geht es bei der Parallelität darum, einen Hype zu erzeugen, um möglichst viele Gäste auf den Hönggerberg zu locken. Das mag marketingtechnisch Sinn machen; für den Betrachter wären aber kleinere Dosen über das Jahr verteilt wohl sinnvoller. Unabhängig vom dispersen Inhalt ermöglichen die Ausstellungen aber einen interessanten Vergleich zwischen den verschiedener Medien und zeigen, welche Wirkungen Fotografie, Perspektive, Axonometrie und zweidimensionale Plandarstellung entfalten können.

 

Die Ausstellungen finden im HIL-Gebäude der ETH Zürich auf dem Hönggerberg statt; von Donnerstag dem 21. April bis Freitag dem 20. Mai 2016. Öffnungszeiten: Mo–Fr 10–18. Sa/So und Feiertage geschlossen.
Mehr zum Werk von Hejduks kann man zudem am 28. April 2016 am Symposium Figures, Creatures, Characters. One Day with John Hejduk mit Anne-Julchen Bernhardt, K. Michael Hays, Sam Jacob, Vittorio Magnano Lampugnani, Thomas Padmanabhan, Philip Ursprung und Wim van der Bergh erfahren.

 

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