Wir bauen ein Paradies!
Die Shoppingcenter waren in den 1970er-Jahren die Verheissung des Einkaufsparadieses. In jenen Jahren haben sie sich entlang der neu gebauten Verkehrsadern in den suburbanen Zonen etabliert und sind als «dekorierte Schuppen» zu unübersehbaren Landmarken in der Schweizer Agglomeration geworden. Damals standen die Shoppingcenter für nichts weniger als paradiesische Verhältnisse. Heute wünschen sich jedoch die Konsumentinnen und Konsumenten Nähe, Unverwechselbarkeit und Einzigartigkeit, im stationären wie im digitalen Handel. Werden die Shoppingcenter deshalb zu den neuen Brachen, die neu genutzt werden wollen oder wird es ein eine Renaissance geben? Dieser Frage kann sich stellen, wer die Ausstellung im Museum im Bellpark Kriens besucht, die bis zum 10. November 2019 zu sehen ist.
Text: Christina Horisberger – 3.9.2019
Bizarre Welten
Die Shoppingcenter wurden in aktuellen Betrachtungen zum Thema bereits als «Museen der Dinge und Marken» bezeichnet und als «zeitgenössische Ausstellungsräume» in einem Schwanengesang beschrieben. Die Ausstellungsmacherinnen und -macher liessen sich von den bizarren und vielseitigen Displays faszinieren. «Die Bühnen des Konsums hat uns dazu angeregt, einen vergleichenden Blick zu wagen und das Interesse an diesem musealen Setting der Alltagskultur zur Darstellung zu bringen», sagen Hilar Stadler und Ralf Keller.
Sind Shoppingcenter die neuen Brachen?
Wie viele andere Paradiese so sind heute auch die Verheissungen der alten Konsumtempel bedroht. Das Nachdenken über die Shoppingcenter ging für die Ausstellungsmacherinnen und -macher deshalb von der Einsicht aus, dass diese Inszenierungen der Warenwelt einer grundsätzlichen Veränderung unterliegen. Sind die Einkaufszentren die neuen Brachen, welche die Siedlung Schweiz schon bald ausscheidet? An diesen Fragen will sich die Ausstellung Shopping Center. Zu Zukunft des modernen Marktplatzes reiben. An dieser Schwelle zu einer Neudefinition, die zunehmend durch das Online-Shopping bestimmt wird, beschäftigt sich deshalb die Ausstellung sowohl mit der Geschichte als auch mit den aktuellen Ausformungen des Phänomens.
Eine Bilderfülle
Die Ausstellung nutzt deshalb die umfangreichen Bildbestände aus privaten und öffentlichen Archiven, darunter das Coop Zentralarchiv Basel und das Archiv des Migros Genossenschaftsbundes Zürich. Weiter Unterlagen stammen aus den Archiven des Instituts für Geschichte und Theorie der Architektur (gta) an der ETH Zürich. Die Schau stellt diesem historischen Material Bilder aus aktuellen Recherchen gegenüber, etwa von David Jäggi, Goran Galić, Walter R. Hunziker, Emanuel Ammon und Reto Caduff. Sie eröffnet damit die Auseinandersetzung mit der Zukunft der Shoppingcenter. Werden sie in der Agglomeration überdauern oder wird man sie künftig vor allem an solchen Orten finden, wo wir Schweizerinnen und Schweizer ständig unterwegs sind – an Bahnhöfen oder Flughäfen. Diese Entwicklung ist bereits im Gange. Die Frage ist tatsächlich, wie denn aber diese «neuen Brachen» in der Agglomeration einer neuen Nutzung zugeführt werden könnten. Diese Frage beantwortet die Ausstellung nicht, aber sie regt zum Nachdenken darüber an.