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David Chipperfield Architects, Erweiterung des Kunsthauses Zürich, Visualisierung

Liebe zur Qualität

David Chipperfield legte den Grundstein zur Erweiterung des Zürcher Kunsthauses und sprach über architektonische und urbane Qualitäten.

 

Anlässlich der Grundsteinlegung seines Erweiterungsbaus des Kunsthauseses Zürich traf sich David Chipperfield am Dienstag mit NZZ-Redaktor Urs Bühler zum Interview in einem Zürcher Restaurant. Dabei zeigte sich der Brite als Verehrer der Eidgenossenschaft und äusserte sich zu gesellschaftlichen und städtebaulichen Entwicklungen. Er liesst sich weder durch kritische Fragen zu langwierigen Auseinandersetzungen mit Rekurrenten noch zur Europaallee aus der Ruhe bringen. 

 

Text: Elias Baumgarten – 11.11.2016
Visualisierung: David Chipperfield Architects

Er schätze die Schweizer Liebe zur Qualität, schwärmte David Chipperfield Urs Bühler vor. In einer Zeit, da der Glauben an Werte immer mehr verloren gehe, sei die Eidgenossenschaft eine Insel in der Ödnis. Hier gebe es noch Wertschätzung für soziale Prioritäten, vom Gesundheits- bis zum Bildungswesen. 

 

Diplomatische Aussagen
Urs Bühler unterhielt sich mit dem Briten zunächst über den demokratischen Prozess, der mit der Kunsthauserweiterung einherging – 2012 hatte der Volkssouverän dem Entwurf mit 54 Prozent Ja-Stimmen den Weg geebnet. Auf die Grundsatzfrage des Journalisten, ob demokratische Entscheide eine gute Basis für hochwertige Architektur seien, antwortete er, Demokratie sei zuerst einmal gut für die Gesellschaft. Ein öffentlicher Diskurs über Projekte sei enorm wichtig, so Chipperfield weiter. Er nehme Hindernisse bei der Planung dadurch gerne in Kauf und fügte augenzwinkernd an, zumal wenn ihm wie beim Zürcher Projekt am Ende kaum Kompromisse bei der Gestaltung abgenötigt würden.
Auch als Urs Bühler daraufhin das Gespräch auf das langwierige Verfahren mit einigen Rekurrenten lenkte, die Chipperfields Gestaltung als zu gross attackierten, lies sich der Brite nicht aus der Reserve locken: «Ich beklage mich nicht.» sagte er mit nur leicht gehobener Stimme und später bei der Grundsteinlegung: «Wir haben viel gelernt über die Schweizer Demokratie.»

 

Werteverlust und Investorenarchitektur
Schliesslich verlagerte der Interviewer das Gespräch zur gesellschaftlichen und städtebaulichen Entwicklung. Chipperfield beklagte sodann den Verlust des Glaubens an Werte und schwelgte in Erinnerungen: «Im Dorf, aus dem ich komme, geht jeder in die Kirche, wenn einer stirbt.» Architektur hätte eigentlich das Potenzial dieses Kollektivgefühl (wieder) zu wecken, doch besonders im angelsächsischen Raum sei die Gestaltung des öffentlichen Raumes längst an Privatinvestoren mit hauptsächlich kommerziellen Interessen dirigiert – anders als in der Schweiz. Auf so viel Lob und Bewunderung antwortete Bühler mit der kritischen Frage nach der Europaallee, zu der Chipperfield ein Bürogebäude beigesteuert hat. Das ganze sei eben ein typisches Projekt der globalen Architektur, räumte er daraufhin ein, und er verstehe die Kritiker, welche den Ort kühl und leblos finden. Solche Probleme entstünden jedoch immer, wenn man einen Stadtteil neu baue. Und auf die Frage, was einen guten Museumsbau ausmache, unterstrich Chipperfield, er müsse über die Kunst hinausweisen: «Es soll nebst dem musealen Charakter auch den eines Treffpunkts haben.»

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