Kulturlandschaft im Bergell, Graubünden
Umweltverbände positionieren sich erneut
Kommenden Sonntag geht die Zersiedlungsinitiative vor das Volk. Der Ausgang ist noch ungewiss, ein «Nein» ist wahrscheinlich. Anschliessend steht die Revision des Raumplanungsgesetzes auf der politischen Agenda. In einem Positionspapier stellt der Schweizer Heimatschutz nun Forderungen für die kommenden Debatten. Gemeinsam mit Umweltverbänden haben sie zwei weitere Volksbegehren vorgelegt, die den Schutz der Landschaft betreffen.
Text: Julian Bruns – 7.2.2019
Foto: Schweizer Heimatschutz
Sechs-Punkte-Programm
Die Debatten um die zweite Revision des Raumplanungsgesetzes nimmt im National- und Ständerat Fahrt auf. Dabei wird es unter anderem um traditionelle landwirtschaftliche Nutzbauten gehen, die viele Landschaften der Schweiz prägen. Um diese wertvollen Zeugnisse zu erhalten, fordert der Schweizer Heimatschutz in einem Positionspapier eine strengere Handhabung bei der Trennung zwischen Bau- und Nichtbaugebiet. Es seien neue Lösungen sowie ein «gesamtgesellschaftliches Einstehen» für die vor dem verschwinden stehenden landwirtschaftlichen Kulturbauten notwendig. Es gelte neue Wege zu finden, um private und öffentliche Akteure zu motivieren, sich für eine sorgfältige Pflege der Kulturlandschaft Schweiz und seiner Geschichte einzusetzen. Weiter plädieren sie für weniger Ausnahmen beziehungsweise stärkere Einschränkungen bei Bautätigkeiten für Um- und Weiternutzungen von traditionellen landwirtschaftlichen Bauten. Dies sei aber nur aus der Gesamtsicht möglich, also mit einem federführenden Bund im Hintergrund.
Weniger Ferien- und Wochenendhäuser
Passend dazu haben der Schweizer Heimatschutz mit den Umweltverbänden Pro Natura, Stiftung Landschaftsschutz und Birdlife Schweiz zwei Volksbegehren der Bundeskanzlei zur Prüfung vorgelegt. Schon im März möchten sie mit der Unterschriftensammlung starten. Dem Geschäftsführer des Schweizer Heimatschutzes Andre Schmid ist gerade im Hinblick auf die aktuelle Zersiedlungsinitiative wichtig festzuhalten, dass sich diese auf das Baugebiet beziehe, die beiden geplanten Initiativen jedoch auf das Nicht-Baugebiet ausgerichtet sind.
Die erste Initiative soll eine weitere «Verbauung unserer Landschaft» verhindern. Schmid fordert: «Eine limitierte Neunutzung soll unter strengen Auflagen dann möglich sein, wenn es dem Erhalt einzelner schutzwürdiger Bauten dient.» Und weiter: Das Schutzargument dürfe nicht als Freipass für eine ungezügelte Bautätigkeit dienen. Damit könnten nur noch schutzwürdige Rusticos oder Maiensässe in Einzelfällen in Ferienhäuser umgewandelt werden.
Föderales System schwächen
Mit der zweiten Initiative wird der Natur- und Heimatschutzartikel in der Bundesverfassung ins Visier genommen. Dieser besagt heute, dass die Verantwortung, entsprechend dem föderalen System, auf kantonaler Ebene liegt. Die Kantone würden den Schutzauftrag derzeit jedoch unterschiedlich ernst nehmen, so Schmid. Wenn es nach dem Schweizer Heimatschutz ginge, soll deshalb der Bund künftig ein stärkeres Mitspracherecht erhalten. Dieser führt immerhin bereits drei wichtige Inventare: das Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler, das Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung sowie das Bundesinventar der historischen Verkehrswege der Schweiz.
> archithese sprach 2017 mit dem Stadtrat André Odermatt über den in Zürich neu eingeführten Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung, kurz ISOS.