Umnutzung der Fabrikhalle von Álvaro Siza
Der Vitra Campus öffnet sich sukzessive: Mit dem Architekturstudiengang der Dualen Hochschule Lörrach ist ein externer Nutzer auf das Gelände gezogen. Dafür wurden Räume in der früheren Fabrikhalle von Álvaro Siza eingerichtet – flexibel, minimalinvasiv, demontierbar, aus Holz als nachwachsendem Rohstoff. In enger Absprache mit Vitra, der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) und dem Büro von Álvaro Siza haben die Architekten Florian Stroh (studio ne) und Bauherrenvertreter Christian Germadnik den zweigeschossigen Holzeinbau geplant und umgesetzt.
Die Fabrikhalle von Álvaro Siza entstand 1994 und war mit einer Nutzfläche von 11 600 Quadratmeter seinerzeit das grösste Gebäude auf dem Vitra-Campus. Mit einer Raumhöhe von sieben Metern unterhalb der Dachkonstruktion diente sie für die Metallfertigung des Ladenbauunternehmens Vitrashop. Siza entwarf im Gegensatz zu den bestehenden plastischeren Vitra-Bauten von Nicholas Grimshaw, Frank O. Gehry und Zaha Hadid eine bewusst schlichte und rechtwinklige Halle mit einer Tragstruktur aus Stahlbeton und einem Trapezblechdach über Fachwerkträgern.
Das Achsraster des Innenraums erlaubt es, geräumige Bereiche entlang der Seitenfassaden abzutrennen und zu vermieten. So ist an der Südecke der Halle inzwischen der Vitra Circle Store eingezogen. Die daran anschliessenden 1000 Quadratmeter entlang der Südwestfassade werden seit Herbst 2023 von der DHBW Lörrach für ihren neu aufgebauten Studiengang Architektur genutzt.
Ein zweigeschossiger Holzeinbau, der sich an die Gebäudehohe, ebenfalls aus Holz bestehende Trennwand anlehnt, untergliedert den abgetrennten Raumbereich und stellt die für die Architekturfakultät nötigen Räumlichkeiten bereit. Hinter dem Eingang öffnet sich eine Halle, deren breite hölzerne Treppe als Auditorium dient. Die Galerie des zweigeschossigen Einbaus, konstruktiv eine Zangenkonstruktion mit Brettschichtholzträgern, setzt sich linkerhand im langgestreckten Arbeits- und Zeichensaal für die Studierenden fort. Unter der Galerie wurden Werkstätten, Seminarräume und Sekretariat eingerichtet. Die gleiche Disposition wiederholt sich auf der sich zur Halle hin öffnenden Galerie. Der Einbau ist flexibel, minimalinvasiv und lässt sich bei Nutzungsänderung demontieren, in seine Einzelteile zerlegen und an anderer Stelle rekonfigurieren. Damit handelt es sich gewissermassen um eine prototypische Revitalisierung, die auch an weiteren Stellen der Siza-Halle möglich ist.
Mit der Umnutzung der Siza-Halle vollzieht sich ein weiterer Schritt der Öffnung des Firmengeländes. Bildete der Nordbereich mit dem Vitra Design Museum und VitraHaus den eigentlichen Attraktor für das Publikum, so begann sich 2016 mit Eröffnung des Schaudepots im Süden ein weiterer öffentlicher Bereich zu etablieren; beide Pole des Geländes wurden schon 2014 vermittels der Álvaro-Siza-Promenade verbunden.
Die Achse von der Pforte zum Feuerwehrhaus ist für den Werksverkehr angesichts der weiter nach Westen verlegten logistischen Erschliessung nur noch von untergeordneter Bedeutung. Das eröffnet neue Möglichkeiten, das Leben auf dem Vitra Campus durch weitere soziale und kulturelle Aktivitäten zu bereichern – wofür die Umnutzung der Siza-Halle ein gutes Beispiel darstellt.
Ein weiteres Ziel ist es, den landschaftlichen Charakter des 23 Hektar messenden Areals zu stärken – was 2020 mit dem Garten von Piet Oudolf eingeleitet wurde. Ein vom belgischen Landschaftsarchitekten Bas Smets 2022 erarbeiteter Masterplan weist nach, dass 50 Prozent der Gesamtfläche mithilfe unterschiedlicher Strategien transformierbar sind. Grosse Teile der Strasseninfrastruktur können entsiegelt und bepflanzt werden, so dass sich das Gelände wieder mehr dem durch eine Gartenlandschaft geprägten Charakter anpasst, der hier herrschte, als die in Basel gegründete Firma Vitra nach dem Zweiten Weltkrieg mit der Produktion in Weil am Rhein begann.
> Weitere Informationen: vitra.com.