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Architektur in Trümmern – am 21. April in Zürich
Wann
17:30 Uhr Türöffnung
19:00 Uhr Beginn Symposium
22:30 Uhr Beginn Afterparty
Wo
Photobastei 2.0
Sihlquai 125,
8005 Zürich
Eintritt
Regulär: 25 CHF (inkl. Afterparty)
Studierende: 15 CHF (inkl. Afterparty)
Afterparty: 10 CHF
Musik von: Hiep
Die Teilnehmerzahl ist begrenzt.
Wir bitten um Voranmeldung über redaktion@archithese.ch
Teaser
Mitte der 1970er-Jahre gelangte der Bau von Grosswohnsiedlungen – nicht nur in der Schweiz – an sein Ende. Ikonische Kraft entwickelten die am 21. April 1972 entstandenen Fotos von der Sprengung der Siedlung Pruitt Igoe in St. Louis, Missouri. Die taumelnd zusammenstürzenden, in einer Staubwolke verschwindenden Wohnscheiben tauchen zunächst im 1973 erschienenem Bildtraktat Bauen als Umweltzerstörung. Alarmbilder einer Un-Architektur der Gegenwart des Schweizer Architekten Rolf Keller auf – und dann in einem 1977 in erster Auflage erschienenen Klassiker der Architekturpublizistik, The Language of Post-Modern Architecturevon Charles Jencks. Vollends zur Ikone aber wurde Pruitt-Igoe durch Godfrey Reggios Film Koyaanisqatsi aus dem Jahr 1982 inklusive des Soundtracks von Philip Glass.
Pruitt-Igoe figuriert hier als in quasireligiöser Diktion zum Inbegriff menschlicher Hybris, die der Katharsis bedarf. Und Katharsis heisst in diesem Zusammenhang: Eliminierung. Das erinnert in seinem Erlösungspathos an Blatt 1 aus Die Auflösung der Städte von Bruno Taut aus dem Jahr 1920. «Lasst sie zusammenfallen, die gebauten Gemeinheiten», schreibt Taut, und er zeichnet zusammenstürzende Hochhäuser, als seien hier die ikonischen Bilder der Sprengung von Pruitt-Igoe antizipiert.
Der 50. Jahrestag der Sprengung von Pruitt Igoe ist Anlass für eine Vortrags- und Diskussionsveranstaltung am 21. April in Zürich, die sich der Frage widmet, wann und warum das Neue die Zerstörung des Alten voraussetzt. Der engere Fokus gilt der Umbruchsituation nach 1970, die durch die Student*innenunruhen, die Ölkrise und die Debatten um Umweltzerstörung und die Grenzen des Wachstums bestimmt war. Es ist auch die Zeit des Punk und einer neuen Form der Jugendkultur; Bandnamen wie Einstürzende Neubauten zeigen, in welchem Masse die Abgrenzung auch – zumindest rhetorisch – einen Bruch mit dem Alten implizierte. Weiter gefasst soll die Faszination Zerstörung als wiederkehrendes Phänomen thematisiert werden: Von den von Walter Benjamin in seinen Geschichtsphilosophischen Thesen erwähnten Versuchen der Revolutionäre im Juli 1830 in Paris, durch Schüsse auf die Turmuhren die alte Zeit gewissermassen zum Stillstand zu bringen, bis hin zu den einstürzenden Türmen des World Trade Centes in New York. Die ikonischen Bilder stehen für die Ambivalenz der Faszination, in der Schönheit und Schrecken sich berühren. Ironie der Geschichte, dass Pruitt Igoe und das World Trade Center vom gleichen Architekten stammten, Minoro Yamasaki.
Referent*innen
Stanislaus von Moos, geb. 1940, ist Schweizer Autor, Kunsthistoriker und Architekturtheoretiker. Er ist Professor emeritus für Kunstgeschichte an der Universität Zürich. Er lehrte ausserdem als Gastprofessor in Princeton, Yale und an der École Polytechnique Fédérale von Lausanne. Er hat mehrere Bücher u.a. über Le Corbusier, italienische Architektur der Renaissance, die Architektur von Venturi, Scott Brown & Associates sowie zur Designgeschichte der Schweiz verfasst und ist vor allem aufgrund seiner einflussreichen Arbeiten über Le Corbusier und als Gründer und langjähriger Redakteur der schweizerischen Architekturzeitschrift archithese bekannt. 2021 erschien Erste Hilfe, das sich dem Thema des Wiederaufbaus im Schweizer Architekturdiskurs der Mitte des 20. Jahrhunderts auseinandersetzt.
Hubertus Adam ist Kunst- und Architekturhistoriker sowie Architekturkritiker und Kurator. 1996/97 Redakteur der Bauwelt in Berlin, 1998-2012 der archithese in Zürich. 2010-15 war er Direktor des S AM Schweizerisches Architekturmuseum in Basel. Seit 2021 Chefredaktor von archithese.
Adam veröffentlichte zahlreiche Publikationen zur zeitgenössischen Architektur, über die Architektur des 20. Jahrhunderts, zur Kunst und Bildhauerei um 1900, zur Designgeschichte, zur Landschaftsarchitektur, zum Bühnenbild und über das Thema Denkmal. Er ist als Juror sowie als Referent, Moderator und Gastkritiker für diverse internationale Institutionen und Hochschulen tätig. 2004 erhielt er den Swiss Art Award für den Sektor Kunst- und Architekturvermittlung.
Tim Kammasch, geb. 1967, ist Professor für Architektur- und Kulturtheorie im Joint Master of Architecture der Berner Fachhochschule. Davor war er Assistent und Lehrbeauftragter am Institut für Geschichte und Theorie der Architektur (gta) an der ETH-Zürich sowie am Historischen und am Philosophischen Seminar der Universität Zürich. Er ist Herausgeber der Buchreihe ArchitekturDenken.
Hannes Mayer, geb. 1981, ist Architekt, Architekturhistoriker und Herausgeber der Zeitschrift manege für architektur. Zuvor war er Senior Researcher bei Gramazio Kohler Research an der ETH Zürich und 2014/15 Roland Rainer Professor an der Akademie der bildenden Künste in Wien und unterrichte an der Bartlett School of Architecture des University College London sowie an der University of Westminster. Davor arbeitete er für archithese, 2013/14 als Chefredaktor.
Gabrielle Schaad studierte Kunstgeschichte, Ostasiatische Kunstgeschichte und Mittelalterarchäologie in Zürich, Paris und Tokio. Ihre 2016 an der ETH Zürich abgeschlossene Promotion fokussierte die Fallstricke des Technologieoptimismus in japanischer Kunst und Architektur der 1960er-Jahre. Neben früherer Tätigkeit als kuratorische Assistentin, u. a. am Kunstmuseum Luzern und Kunsthaus Zürich, ist sie Autorin zahlreicher Katalogbeiträge und Kritiken zum zeitgenössischen Kunstschaffen an der Schnittstelle zu Architektur und Urbanismus. 2017–2019 unterrichtete sie als Wissenschaftliche Assistentin an der Gastdozentur für Architekturtheorie Torsten Lange, Institut gta, Departement Architektur der ETH Zürich. Seit 2017 ist sie Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bachelor of Arts in Fine Arts der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) und seit Herbst 2019 unterrichtet und forscht sie als Postdoktorandin an der TU München.
Aus gegebenem Anlass hat sich archithese dazu entschlossen, den vorherigen Veranstaltungstitel auf Architektur in Trümmern umzuändern.