Schützen und Erhalten
Wie lassen sich Bauten der Moderne stilerhaltend sanieren? In ihrem Buch Architektur der Moderne und Denkmalpflege. Erhalten, neugestalten, nutzen. Beispiele aus Luzern nähert sich Daniela Burkart über das Medium der Fotografie vier Luzerner Baudenkmälern und ihrer Geschichte. Sie zeigt mit grossformatigen Bildern eindrücklich, wie ein gelungener Umgang aussehen kann.
Text: Julian Bruns – 2.7.2018
Fotos: Daniela Burkart
Von Unverständnis zu Wertschätzung
Die Rezeption von modernistischen Gebäuden hat sich über die Zeit stark gewandelt. Tat sich die breite Bevölkerung zu deren Entstehungszeit oft schwer mit ihrer neuen, klaren und reduzierten Formensprache, werden sie mittlerweile aufgrund ihrer kulturgeschichtlichen Bedeutung unter Schutz gestellt und anschliessend häufig sensibel saniert. Um die architektonischen Qualitäten und die Zusammenhänge von Erhalt und denkmalpflegerischer Arbeit zu dokumentieren, fotografierte Daniela Burkart über einen Zeitraum von zwei Jahren vier modernistische Gestaltungen in Luzern zu verschiedenen Tages- und Jahreszeiten. Die Aufnahmen präsentiert sie in ihrem Buch Architektur der Moderne und Denkmalpflege. Erhalten, neugestalten, nutzen. Beispiele aus Luzern.
Luzerner Blickwinkel
Burkart zeigt das Dula-Schulhaus mit Turnhalle von Albert Zeyer (1933), die St. Karli Kirche von Fritz Metzger (1934), die Kaserne Allmend von Armin Meili (1935) sowie die Kirche St. Josef von Otto Dreyer aus dem Jahr 1941. Die vier grossmassstäblichen Projekte befinden sich allesamt in Burkarts Heimatstadt Luzern und haben eine öffentliche Nutzung, beziehungsweise einen öffentlichen Träger. Ebenfalls gemeinsam haben die Projekte, dass sie alle in den letzten 10 bis 20 Jahren saniert wurden. Dem vorrausgegangen ist immer die denkmalpflegerische Unterschutzstellung auf kantonaler oder gar Bundesebene. Besonders zu erwähnen ist dabei die St. Karli Kirche, die unter anderem aufgrund der markanten Setzung und ihrer Pionierrolle in der modernen Schweizer Kirchenarchitektur bereits 30 Jahre nach Fertigstellung unter kantonalen Schutz gestellt wurde.
Schutz durch Gebrauch
Wie so oft entschied die Funktion über die Zukunftsfähigkeit der Gebäude. Allen vier Projekten mag es geholfen haben, dass sie bis heute mehr oder weniger in ihren ursprünglichen Bestimmungen und den gleichen Trägern weitergenutzt werden und damit eine programmatische Notwendigkeit für den Erhalt gegeben war. So wurde die Kaserne Allmend, auch Meilibau genannt, mit der Sanierung 1999 in ein Armee-Ausbildungszentrum umgewandelt und von Enzmann Fischer Architekten erweitert. In einem anderen Beispiel reagierte die Pfarrei St. Josef gegen Ende der 2000er-Jahre auf den sinkenden Platzbedarf für ihre Gemeinde und entwickelte das Quartierszentrum MaiHof, das sich auch für kirchenferne Nutzungen öffnete. Neben den ursprünglichen liturgischen Feiern werden die sanierten Räumlichkeiten nun durch Konzerte, Bankette, Kongresse, Ausstellungen und Orchesterproben belebt. Die Pfarrgemeinde tritt als Verwalter der Räumlichkeiten auf.
Erläuternde Texte
Jedem Projekt werden etwa 30 Seiten mit etlichen Fotografien in unterschiedlichen Grössen eingeräumt. Der Fokus liegt auf den aussagekräftigen Bildern, die in loser Reihenfolge von der städtebaulichen Setzung bis hin zu einzelnen Detail-Aufnahmen die verschiedenen Facetten der Denkmäler einfangen. Ergänzt werden die Fotografien jeweils um einen Zeitstempel und eine kurze Unterschrift. Diese reichen von Beschreibungen und Erläuterungen bis hin zu Interpretationshilfen. Zitate der Architekten und knackige Texte zu einzelnen Aspekten der jeweiligen Geschichte von der Errichtung bis zur Sanierung oder der Konstruktion ergänzen die Bilderserien und decken einen weiteren bemerkenswerten Aspekt auf: die kantonale oder staatliche Unterschutzstellung ist ein hilfreiches Instrument für Beratung und Subventionierung, auch wenn den dafür zuständigen Denkmalschutzbehörden ein Mitspracherecht eingeräumt werden muss.
Aufruf zum Handeln
Burkarts Bilder lenken bewusst den Fokus auf spezifische Aspekte der sanierten Gebäude. Damit soll die Auswahl der vier genannten Exemplare auch auf andere, weniger bekannte Objekte aufmerksam machen. So nennt sie beispielhaft das 1933 von Carl Mossdorf erbaute Gewerbegebäude im Tribschen in Luzern, das aufgrund massiver Sparprogramme des Kantons Luzern akut vom Abbruch bedroht ist und trotz mehrerer Petitionen und Gutachten noch nicht unter Schutz gestellt wurde. Ein spannender, auf die ganze Schweiz anwendbarer Aspekt, der durchaus noch stärker in den Fokus hätte rücken dürfen. Denn gerade mit den Bildern der sensibel sanierten Bauten im Hinterkopf, wäre eine ähnlich ausführliche Fotostrecke zu einem dem Verfall preisgegeben Gebäude doppelt eindrücklich und damit ein schlagkräftiges Argument für den Erhalt weiterer Bauten.
Daniela Burkart, Architektur der Moderne und Denkmalpflege. Erhalten, Neugestalten, Nutzen. Beispiele aus Luzern ist im Christoph Merian Verlag erschienen.
> Ethik und Ästhetik. Simon Phipps kunstvolle Bilder dokumentieren eine zentrale Phase der britischen Nachkriegsmoderne, aber auch die fehlende gesellschaftliche Akzeptanz für ein baukulturelles Erbe.