Schinkel neben Thurston
Text: Graphische Sammlung der ETH Zürich – 9.8.2016
Der Klassizist
In seiner «Sammlung architektonischer Entwürfe» vereinte Architekt Karl Friedrich Schinkel (1781–1841) gekonnt Zeichnungskunst und Architektur. Als Werber in eigener Sache erreichte er mit den kunstvoll inszenierten Entwürfen bereits zu Lebzeiten europaweite Aufmerksamkeit.
Das Reizvolle an seiner «Sammlung» ist, dass die insgesamt 174 Radierungen nicht nur Entwürfe von später umgesetzten Werken sind, sondern auch nie ausgeführte Alternativ- und Musterentwürfe des Baumeisters zeigen. Diese ermöglichen einen intimen und einmaligen Einblick in das Schaffen und Denken des Architekten. Schinkels Entwürfe begeistern durch ihre filigrane Klarheit und die hohe Qualität der Bildgestaltung.
Die Graphische Sammlung der ETH Zürich zeigt in einer Ausstellung ab dem 17. Oktober eine Ausgabe der «Sammlung architektonischer Entwürfe» von 1858. Die ausgewählten Exponate geben einen reichhaltigen Einblick in das Schaffen des grossen Architekten und machen deutlich, wie kunstvoll er seine Entwürfe inszeniert hat.
Die einflussreiche Rolle von Schinkel auf die Architekturzeichnungen seiner Zeit und auf kommende Generationen bis ins 20. Jahrhundert stellt Frank Werner in der kommenden archithese 3/2016 Postmoderne – neu gelesen dar. Sie erscheint am 1. September 2016.
... und der Zeitgenosse
Parallel zur strengen, klassizistischen Architektur von Schinkel sind die vielschichtige und poetische Werke des Architekten und Künstlers Bryan Cyril Thurston (*1933) zu sehen: neben Skizzenbüchern und architektonischen Plänen zu realen wie imaginären Bauvorhaben aus seinem Besitz werden auch Aquarelle, Collagen und Radierungen aus dem Bestand der Graphischen Sammlung gezeigt.
Vielschichtig wie seine Bauprojekte ist auch Thurstons künstlerisches Schaffen. Inspiriert vom berühmten britischen Maler und Radierer Stanley William Hayter (1901–1988) und dessen druckgrafischem Atelier-Workshop ATELIER 17 in Paris hat der Künstler unzählige graphische Blätter geschaffen. Im Sinne des Meisters sind Thurstons Drucke immer auf der Suche nach einer neuen experimentellen Ausdrucksweise: Techniken werden kombiniert, verfremdet und weiterentwickelt. Zeitlebens äusserst umtriebig kreiert der passionierte Drucker bis heute aber auch feingliedrige Aquarelle, Collagen und Pläne.
Alle seine Werke sind durchzogen von Musik, einem lyrisch-göttlichen Spiel. Nicht umsonst wählte er als Ausstellungstitel ein Zitat aus dem Libretto zu «Peter Grimes» des englischen Komponisten Benjamin Britten (1913–1976).
Die Ausstellungen kann in der Graphischen Sammlung im ETH Hauptgebäude, E52, Rämistrasse 101 in Zurich vom 17. August bis zum 16. Oktober 2016, täglich zwischen 10 und 16.45 Uhr besucht werden. Der EIntritt ist frei.