Dialog mit Kontext und Zeit
Im Rahmen einer neuen Vortragsreihe in der Maison de l’Architecture in Genf werden unter dem Titel Ensemble – Zäme – Insieme – Esemen insgesamt neun internationale Architekten, Urbanisten und Ingenieure referieren. Am 11. Oktober 2018 findet bereits die zweite Veranstaltung statt: Carme Pigem der spanischen RCR Arquitectes wird die Arbeiten des Büros präsentieren.
Text: Julian Bruns – 8.10.2018
Bild: RCR Arquitectes, Les Cols Bankettpavillon (Foto: Jørg Himmelreich)
Ambivalenz des Zusammenlebens
Jedes Jahr veranstaltet das Genfer Maison de l’Architecture eine Reihe mit Vorträgen zu einem spezifischen Thema. Die mittlerweile elfte Saison trägt den etwas sperrigen Titel Ensemble – Zäme – Insieme – Ensemen, also «zusammen» in den vier Schweizer Landessprachen, und erinnert damit an die Ausstellung Together! Die neue Architektur der Gemeinschaft des Vitra Design Museums aus dem Sommer 2017. Die Schau, bei der auch das MA mitgewirkt hat, hat Wohnraum als immer knapper werdende Resoource betrachtet und kollektive Wohnformen als mögliche Antwort auf diese Entwicklung erforscht.
In der aktuellen Vortragsreihe sollen Verknüpfungen zwischen Menschen, Kulturen und Regionen sowie Bauschaffenden und Materialien gesucht und diskutiert werden. Auch wenn der Begriff «zusammen»,im Allgemeinen positiv konnotiert wird, soll er hier ambivalent gelesen werden. Denn das Zusammenleben ist mittlerweile ein politisches, soziologisches, architektonisches, ökologisches und humanitäres Thema. Die Vorträge sollen den Wunsch nach Gemeinschaft, aber auch die Hürden innerhalb der verschiedenen Disziplinen und Positionen untersuchen. Dafür kommen nicht nur Architekturschaffende zu Wort, sondern auch Künstler und Politikerinnen. Den Anfang machte die französische Architektin Fiona Meadows Mitte September, nun folgen die spanischen Pritzker-Preisträger RCR Arquitectes.
Prägende Heimat, internationales Werk
RCR ist ein Akronym aus den Vornamen der Gründer Rafael Aranda, Carme Pigem und Ramon Vilalta. 1988 – nur ein Jahr nach dem Ende ihres Studiums an der ETSA in Valles – gründeten die drei Partner in ihrer Heimatstadt Olot das Büro. Zunächst konzentrierte sich ihr Schaffen auf Katalonien, wobei ihr Ruf schnell weit über die spanischen Landesgrenzen hinausgeeilt ist. Auch wenn die Architekten später immer die Bedeutung des internationalen Austausches betonen, bleibt der kleine Ort in den Pyrenäen ein wichtiger Anker für ihre Arbeit.
Kernthemen für die drei Katalanen sind ein sensibler Umgang mit dem Kontext, egal wo sie auf der Welt bauen, und das Finden eines Ausdrucks für die Veränderungen im Laufe der Zeit. Ramon Vilalta fasste 2017 ihre Haltung zusammen: «Es interessiert uns, die Natur zu verstehen, damit die Architektur mit ihr in den Dialog treten kann. Es geht also nicht um Unterwerfung oder eine Auferlegung, sondern um eine Wechselbeziehung. Ebenso ist für uns der Einfluss der Zeit fundamental: Erst mit der Veränderung durch die Patina spüren wir den Lauf der Dinge. Daher interessieren wir uns weniger für leblose Materialien, die sich nicht mehr verändern.»
Der Vortrag von Carme Pigem findet am 4.Oktober 2018 im Pavillon Sicli der Maison de l’Architecturein Genf um 20.00 Uhr statt. Der Vortrag ist auf englisch.