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Weisses Fernrohr am Obersee

Die Uferpromenade von Schmerikon am oberen Ende des Zürichsees wurde von raeto studer architekten, Benjamin Theiler und den Landschaftsarchitekten des Studio Vulkan' mit einem Boulevard und einem verwinkelten Beton-Pavillon in edlem Weiss aufgemöbelt.

 

Text: Anne-Dorothée Herbort – 2.3.2017
Fotos: Ruedi Walti
Pläne: raeto studer architekten

 

Bezüge schaffen
Die Gleise der S-Bahnlinie Rapperswil-St.Gallen schneiden den 3 500 Einwohner zählenden Ort Schmerikon vom industriell geprägten Ufer des Zürichsees ab. Bis heute spielt die Lage am See eine wirtschaftliche Rolle. Es gibt in der Gemeinde eine Werft und der Abtransport des in der Nähe abgebauten, berühmten Bollinger Sandsteins erfolgt zum Teil über das Wasser.
Für Badegäste und Flaneure hatte das Ufer bis anhin wenig zu bieten. Die Gemeinde entschied daher, mit einer neuen Parkanlage und einem multifunktionalen Unterstand einen Anschluss an den See zu formulieren. Im Sommer ruhen sich die Badegäste im Schatten des Pavillons aus und kaufen sich Glace an der freistehenden Theke. Doch er ist mehr als eine Freibadinfrastruktur: An kalten Wintertagen können sich Spaziergänger am Cheminée die Hände wärmen. Der Hauptraum – geformt wie ein Fernrohr – rahmt den Blick in die Landschaft. 

 

Eingerahmt
An prominenter Lage, agiert der weisse Pavillon als Bindeglied zwischen Ufer- und Siedlungsraum. Der polygonale Körper möchte sich vom heterogenen Kontext loslösen und nimmt bewusst keine Fluchten auf. Die Basler Architekten möchten mit der skulpturalen Formensprache irritieren und zur Auseinandersetzung mit dem Ort herausfordern. Verschiedene Winkel sollen das Betongebilde länger wirken und eine Horizontalität entstehen lassen, die jedoch vom prägnanten Kamin wiederum gebrochen wird. Der Betrachter soll den Pavillon erst auf den zweiten oder dritten Blick erfassen können. Die skulpturale Form wird durch den glatten Beton veredelt. Das Dach, bestehend aus einer Doppelschalenkonstruktion, liegt auf den inneren Seitenflügelwänden auf. Auch das Interieur mit geschliffenem, eingefärbtem Hartbeton ist schlicht gehalten. Zwei introvertierte Raumgruppen, in denen die Garderoben, die Küche und weiteren Nebenräume untergebracht sind, umschliessen den durchgehenden Hauptraum der sich zur Landschaft hin öffnet. Sämtliche verglaste Flächen können vollständig weggefahren werden, wodurch die Trennung von Innen- und Aussenraum aufgelöst wird und ein Raumkontinuum entstehen kann.

 

> 2017 Jahr wird Diébédo Francis Kéré den Serpentine Pavilion im Kensington Garden in London errichten.

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> Sommerliche Pavillon-Stimmung verbreitet der Artikel «Pavillons als Sommerhits» in archithese 3.2014 Neomanie – Langeweile.

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