Obsolete Systeme
Eine Vorausschau auf die Leerstände von Morgen wird in Anbetracht des Klimawandels zunehmend essenziell. Auf welchen Regeln beruht das Phänomen der Obsoleszenz in der Architektur, gibt es systemische Zusammenhänge und was bedeutet das für die aktuelle Situation?
Architektur ist in Europa ein bedeutender Träger kultureller Identität. Wenn Gebäude aus ihren Nutzungen fallen, ist dies immer auch ein Anzeichen für gesellschaftlichen Wandel. Beschäftigt man sich also mit Obsoleszenzen in der Architektur, ist es sinnvoll, in diesem Zusammenhang die Entwicklungen in der Gesellschaft zu betrachten. So machte es einst John Naisbitt vor, der 1982 den Begriff der «Megatrends» einführte. Er ging davon aus, dass Zukunft nur aus einem profunden Verständnis der Gegenwart heraus erahnbar werden kann. Die sogenannten Megatrends leitete er aus der Analyse von Tageszeitungen ab. Zukunftsforscher betrachten Megatrends heutzutage als massive Triebkräfte des Wandels, die gesellschaftliche und ökonomische Systeme träge, aber kontinuierlich transformieren.
1956 setzte der Spediteur Malcom McLean beispielsweise zum ersten Mal Container für den Warentransport auf einem eigens dafür umgebauten Tanker ein. Seine Erfindung revolutionierte nicht nur die globale Logistik, sie hatte auch Auswirkungen auf die Hafennutzung: Für die seither stetig grösser werdenden Containerschiffe waren viele Hafenanlagen in den europäischen Städten bald nicht mehr geeignet. Sie wurden entweder ganz aufgegeben oder verlagert. Auf den freigewordenen Flächen entstanden in den letzten Jahrzehnten allmählich attraktive Quartiere – wir blicken nach Oslo, Hamburg oder Bremen. Auf welche Megatrends wir in der Gegenwart schauen müssen, um die Obsoleszenzen der Zukunft zu erahnen und wie die Transformationsfelder von morgen aussehen könnten, damit beschäftigen sich Nicholas Beucker, Stefan Rettich und Sabine Tastel in ihrem Beitrag für das aktuelle Heft Anders nutzen.
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