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Mensch-Maschine

Design beeinflusst wie keine andere Disziplin unsere Wahrnehmung und unseren Umgang mit Dingen. Denn ihre Gestaltung entscheidet, welches Verständnis wir für sie entwickeln, ob sie praktisch erscheinen und alltagstauglich sind. Dies gilt besonders für elektronische Produkten, die unseren Alltag immer mehr bestimmen. So verwundert es nicht, wenn das Vitra Design Museum in Weil am Rhein die Schnittstellen zwischen Mensch und Roboter ins Rampenlicht rückt und ihnen mit Hello, Robot. Design zwischen Mensch und Maschine eine grosse, sehenswerte Ausstellung widmet.

 

Text: Andrea Wiegelmann – 22.2.2017
Fotos: Mark Niedermann (© Vitra Design Museum)

 

Design zwischen Mensch und Maschine – Fallbeispiel Touchscreen
Als Steve Jobs, der damalige CEO von Appel, 2005 seine Idee vorstellte, künftig könnten Computer dank einer neuen Art von Touchscreen intuitiv und damit schneller und einfacher bedient werden, hatten wir keine Vorstellung davon, welches Potenzial dies bergen würde. Als dann im Januar 2007 das erste Iphone präsentiert wurde, das diese Ideen für das Mobiltelefon adaptierte, war das Handy neu erfunden. Innerhalb kürzester Zeit änderte sich unser Nutzungsverhalten ganz und gar. Das Mobiltelefon heute noch als solches zu bezeichnen greift viel zu kurz. Denn längst ist es der Computer, mit dem wir unsere Alltag koordinieren, kommunizieren, arbeiten, Musik hören, lesen, Filme schauen, Fotografieren, Daten organisieren – kurz: unser Leben verwalten. Ohne die Entwicklung und das Design von Hard- und Software durch die Ingenieure von Apple, hätte diese Technologie nie einen solchen Siegeszug angetreten. Gleichzeitig macht sie beispielhaft deutlich, wie sehr digitale Vernetzung, intelligente Sensoren und Applikationen unseren Alltag verändert haben. Design bildet heute in vielen Alltagsbereichen die Schnittstelle zwischen «Mensch und Maschine».

Das Vitra Design Museum zeigt in seiner grossen Übersichtsausstellung, welche sich mit der Entwicklung der Robotik und künstlicher Intelligenz sowie deren zunehmenden Einfluss auf unseren Alltag befasst, diese Entwicklung bis heute und versucht Tendenzen für mögliche zukünftige Szenarien abzuleiten. Zugleich möchte sie den Blick öffnen für die eng an diese gekoppelten und immer rascher ablaufenden sozialen, politischen und auch ethischen Veränderungen, die daran geknüpft sind.

 

Die Begeisterung für die «Maschine»
Der erste Teil der Ausstellung «Science und Fiction» befasst sich mit der Frage, wie die Moderne und die Popkultur unsere Wahrnehmung und unsere Vorstellungen von Robotern geprägt haben – neben Modellen, Filmausschnitten und Plakaten ist das Originalmodell von R2D2 aus StarsWars zu sehen. Der kleine Android war nicht nur mit über 200 Sprachen gefüttert, er konnte auch Raumschiffe reparieren und ist erster Vorläufer jener Generation von Robotern, die heute in der Industrie zum Einsatz kommen. Waren es zunächst der Maschinenbau und die Autoindustrie, welche die Roboter oder CNC-gesteuerten Maschinen in der Produktion einsetzten, haben sie heute bereits in Operationssälen Einzug gehalten. Sie verändern unsere Arbeitswelt rasant und haben den klassischen Industriearbeiter in einigen Bereichen verdrängt. Neue Berufe entstehen oder werden es, bekannte hingegen werden verschwinden – wohin sich unsere Arbeitswelt entwickelt wird allenthalben kontrovers diskutiert. In Weil widmet sich der zweite Teil der Schau «Programmiert auf Arbeit» dieser Thematik.

Daran anschliessend stellt der dritte Teil «Freund und Helfer» Roboter vor, die im Alltag zu unserer Unterstützung eingesetzt werden – etwa in der Pflege älterer Menschen oder der Kinderbetreuung. Diese Annäherung zwischen Mensch und Robotik geht indes noch weiter, so können implantierte Sensoren helfen, Gesundheitsdaten zu prüfen aber auch als Ersatz für Autoschlüssel, Handycodes oder den persönliche Ausweispapiere fungieren. Sensoren und Programme können Daten sammeln und aus der Auswertung «Lernen», ihr Verhalten also progressiv anpassen. Die Frage, wo menschliche und künstliche Intelligenz zusammentreffen, wo sie sich befruchten doch wo auch blockieren gilt es in vielen Bereichen zu stellen.

 

Mensch gegen Maschine?
Der vierte Teil der Ausstellung «Eins werden» widmet sich diesen Themen und konfrontiert den Besucher mit der Frage nach nach seiner Haltung zum Verhältnis von Mensch und Maschine. Die Schau in Weil befasst sich eben nicht nur mit Gestaltungsfragen und Prozessen, sondern auch mit den dahinter liegenden ethischen, sozialen und politischen Dimensionen einer Entwicklung, die unsere gesellschaftlichen Konventionen bereits grundlegend gewandelt hat und ihre Strukturen noch grundlegender transformieren wird. In der Ausstellung kommt dieser Aspekt immer wieder subtil auf die Tagesordnung, anhand von vierzehn Fragen, die den einzelnen Ausstellungsetappen zugeordnet sind. Im vierten Teil der Ausstellung sind dies etwa «Würden Sie in einem Roboter leben wollen?», «Möchten Sie besser werden, als von Natur her vorgesehen?» oder «Tritt der Roboter an die Spitze der Evolution?».

Diese Fragen werden zudem im Rahmen eines prominent besetzten Begleitprogramms verhandelt. So diskutieren etwa Gesche Joost, Leiterin des Design Research Lab an der Berliner Universität der Künste und Vertreterin der Bundesregierung zu Fragen der Digitalen Agenda in der EU-Kommission, Technikphilosoph Bruno Gransche, Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe und Ruwen Kaminski, Leiter Corporate Brand and Design bei Festo am 27. April über die Zukunft der Arbeit.

 

Die Ausstellung ist bis zum 14.5.2017 in Weil zu sehen. 

 

> Die Publikation zur Schau: Mateo Kries, Christoph Thun-Hohenstein, Amelie Klein (Hg.), Hello Robot. Zwischen Mensch und Maschine, Weil und Wien 2017.

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