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Memphis Design

Ettore Sottsass wäre im September hundert Jahre alt geworden. Nachdem ihm schon das Vitra Design Museum eine umfassende Ausstellung widmet, ist nun auch im Met Breuer in New York das radikale und erfrischende Werk des Italieners zu sehen.

 

Text: Cyrill Schmidiger – 27.7.2017

 

Kontrovers
Mit seinen quietschbunten Farben und den teils kindlich-reduziert anmutenden Formen polarisiert Sottsass bis heute. Für die einen sind seine Möbel übertriebener Kitsch, für die anderen hingegen eine erfrischende Erneuerung. The Met Breuer konzentriert sich in seiner neusten Schau nun auf Sottsass’ Schaffen mit Memphis, jenem rebellischem Kollektiv also, das mit seinen postmodernen Designs gegen den Internationalen Stil protestierte. Die Akteure, darunter Hans Hollein, Shiro Kuramata, Michele de Lucchi oder Michael Graves, gaben den Entwürfen eine dezidiert emotionale Note und experimentierten mit synthetisch-industriellen Materialien. 1981 stellten sie gemeinsam an der Mailänder Möbelmesse aus; Sottsass postmoderne Visionen fanden so definitiv ihren Weg in die Populärkultur.

 

Antifunktionalistisch
Sottsass wird oft als Pionier des Anti-Designs bezeichnet. Dieses entstand in der gesellschaftspolitischen Umbruchzeit der 1960er-Jahre und attackierte das Dogma des reinen Funktionalismus. Die Gestalter integrierten emotionale wie auch affektive Prinzipien in den Entwurf, um sich vom ausschliesslich funktionalen Produkt zu lösen. Mit dieser Anti-Philosophie protestierten sie ebenso gegen das Diktat einer konsumorientierten Marketingstrategie: Design habe die treibende und fördernde Kraft in der Kulturbildung und müsse daher revolutioniert werden.

 

Revival
Sottsass verabscheute die Idee, als Designer für Memphis in Erinnerung zu bleiben. Das Kollektiv, dessen Namen der Legende nach von einem in der Endlosschlaufe gespielten Bob Dylan-Song kommt, betrachtete er dezidiert als ein Zeitphänomen: «There are moments when something happens, and then it’s over. Basta.» Dennoch findet die Gruppe bis heute Wiederhall und inspiriert. Dass Memphis fortlebt, hat insbesondere mit dem rebellischem Geist und dem Freiheitsideal zu tun. Die Produkte schreien einen förmlich an, sie feiern die Diversität und das Unorthodoxe. Sottsass und Memphis gestalteten eklektisch und brachen mit den ästhetischen Konventionen à la form follows function oder less is more. Doch der Italiener warnte zugleich: Dieses Design sei wie ein candy, süss und verlockend. Zu viel davon könne auch krank machen…

 

Die Ausstellung Ettore Sottsass. Design Radical ist bis zum 8. Oktober 2017 im Met Breuer in New York zu sehen.

 

> Anne-Dorothée Herbort hat über die Schau im Vitra Design Museum berichtet.

> In archithese 3.2016 Postmoderne lesen Sie mehr über das Potenzial der Arbeit mit Brüchen und Mehrdeutigkeit für die Architektur.

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