Mein Haus, das hat drei Ecken.
Seit 2018 ist der visuell von landwirtschaftlichen Wohn- und Ökonomiegebäuden geprägte Weiler Hinterhueb bei Neftenbach im Kanton Zürich um ein neuartiges Gebäude reicher. Das Architekten-Duo Sergio Marazzi und Andreas Reinhardt erhielt den Auftrag, ein Wohnhaus auf dem Reststück einer grösseren Parzelle zu verwirklichen. Die dreieckige Geometrie des Grundstücks war dabei zugleich Herausforderung wie auch Potenzial. Dieses Gebäude hat den Architekten eine Nominierung für Das Beste Einfalienhaus '20 eingeholt.
Text: Lee Wolf – 24.3.2020
Redaktion: Jørg Himmelreich
Fotos und Pläne: Marazzi Reinhardt
Als kreative Ergänzung zur umliegenden Landschaft steht seit 2018 ein neues Wohnhaus im kleinen Weiler Hinterhueb nahe Winterthur. Die Architekten haben es mit diesem Bau geschafft, auf minimaler geometrischer Fläche ein interessantes Gebäude zu verwirklichen, welches sich nicht zuletzt dank den traditionellen Materialien selbstverständlich in seine Nachbarschaft einfügt und den Charme des kleinen Weilers aufpoliert. In diesem Sinne übernimmt das Einfamilienhaus die Proportionen und Fluchten der umliegenden bauernhausartigen Bauten und auch das Dach reiht sich in die Silhouette von Hinterhueb ein.
Vertikales Organisieren
Von aussen betrachtet scheint das kleine Einfamilienhaus mit seiner ungewöhnlichen Form nur wenig Wohnfläche zu bieten. Die Architekten haben darin aber das Potenzial der Aufgabe erkannt. Dank hohen Fensterfronten wirken die Wohnbereiche gross und offen und Schlafzimmer, Küche und Wohnzimmer sind vertikal schlau organisiert, indem Marazzi Reinhardt die Räume gestapelt haben. Ein weiterer Kunstgriff ist die Ausführung von sämtlichen Einbauten und Innenwänden; diese wurden jeweils in einem rechten Winkel zur Fassade gestellt, was beispielsweise in den Zimmern im zweiten Stock eine gute Balance zwischen offenem Raum und kuschliger Privatsphäre ermöglicht. Die Aussteifung des Gebäudes übernimmt derweil das in Sichtbeton gehaltene Treppenhaus, während die hölzerne Fassade die Betondecken trägt.
Erlebbare Konstruktion
Man betritt das Hybrid-Haus durch das Entrée, von welchem man über drei Tritte in die Küche und den Wohnbereich gelangt. Diese beiden Teile werden durch eine Galerie verbunden, die von Tageslicht durchflutet wird. Ein weiteres Highlight ist das Treppenhaus: sich im Uhrzeigersinn nach oben windend, wirkt es wie eine vertikale Raumskulptur. Besonders gelungen ist der aus Eiche gefertigte Handlauf der Treppe, der ohne Unterbruch durchs ganze Haus führt. Die Architeken haben Wert darauf gelegt, die Materialien in ihrem natürlichen Zustand zu belassen und diesen durch gutes Handwerk und präzise Detaillierung zu betonen. So sind die Steinecken der Zementsteinwände elegant verschränkt und erinnern an japanische Holzverbindungen. Auch der kontinuierlich fliessende Handlauf zeugt von einer präzisen Planung und Ausführung bei der Veredelung der einfachen Materialien.