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Serpentine Pavillion 2017 – Ein sozialer Mikrokosmos

Jedes Jahr lockt ein ungewöhnlicher Pavillon Tausende Menschen in den Londoner Kensington Park. Dieses Jahr wird eine baumähnliche Struktur Schatten und Schutz vor Regen spenden. Die als Mikrokosmos konzipierte Installation soll sie die Kraft haben, als sozialer und kultureller Meltingpot Einheimische und Touristen aus aller Welt zusammenführen.

 

Text: Anne-Dorothée Herbort – 23.2.2017
Visualisierung: Francis Kéré, Entwurf des Serpentine Pavillons, Kensington Park, London, 2017

 

Der Baum als soziale Struktur
Diébédo Francis Kéré hängt seinen Entwurf für den diesjährigen Serpentine Pavillon am Sinnbild des Baumes – hinsichtlich seiner sozialen Bedeutung und seiner Struktur – auf. Als Sohn eines Stammführers ist Kéré in einem kleinen Dorf in Burkina Faso aufgewachsen, wo der Baum als Mittelpunkt der Gemeinschaft eine Bühne bietet wo sich das gemeinsame Alltagsleben abspielen. Unter den schattenspendenden Ästen werden Geschäfte abgewickelt, Diskussionen ausgetragen und Feste gefeiert. Der Pavillon im Londoner Park ist gleich dem afrikanischen Baum als sozialer Mikrokosmos konzipiert.
Ein riesiges transluzentes Rad aus feinem Stahlgerüst schwebt über geschwungenen Wänden aus blauen Holzelementen, die zu dreieckigen Modulen mit kleinen Abständen zusammengefasst sind. Das abgesetzte Dach verstärkt das Gefühl von Offenheit und Transparenz und lässt Luft und Licht zirkulieren. Im heissen Afrika schützen die Blätter vor der gleissenden Sonne, in London kehrt Kéré die Funktion des Baldachins um: Es soll den Besuchern als Unterstand bei Regen dienen. Als riesiger Trichter geformt, sammelt das Segel das Wasser, und führt es in den Park. Abends sollen sich im Pavillon Menschen zu kulturellen Anlässen treffen und austauschen.

 

Architektonische Agenda
Als einer der bekanntesten afrikanischen Architekten ist Francis Kéré überzeugt, dass Architektur Kultur und Gesellschaft beeinflussen und formen kann. Er möchte, dass seine Gestaltung überraschen, vereinen, und einen Sinn für Gemeinschaft, Ökologie und Wirtschaft vermittelt. Seine Gebäude in Afrika wurden meist von den Kommunen selbst mit einfachen Mitteln, lokalen Materialien und low-tec-Konstruktionen errichtet. Das Geld, welches er für die Errichtung von Schulen und kulturellen Bauten in seiner Heimat benötigt, verdient er mit seinem Büro in Berlin, erstellt Projekte und erarbeitet Masterplänen.

 

Kéré in Mendrisio
Das Know-how, wie man unter spärlichen und harten klimatischen Bedingungen günstige Bauten herstellt, vermittelt Kéré seit einigen Jahren auch an der Architekturakademie in Mendrisio. In seinem Atelier nehmen die Studenten konstruktive Techniken selbst in die Hand, in dem sie lebensgrosse Modelle aus ihnen zunächst fremden Materialien erstellen. 

 

Der Serpentine Pavillon ist vom 23. Juni bis zum 8. Oktober 2017 im Kensington Park in London zu erleben.

 

2014 kam es in Burkina Faso zum Volksaufstand gegen den Autokraten Blaise Compaoré und das Parlamentsgebäude in der Kapitale Ouagadougou wurde verwüstet. Sehen Sie sich Kérés Gestaltungsvorschlag für einen pyramidenförmigen Neubau an.

> Lesen Sie in der archithese 4.2010 Szenografie ein Gespräch von Christof Schlingensief und Francis Kéré mit Peter Greenaway über ihr gemeinsames Projekt für ihre Kulturstadt in Laongo.

> «Der Pavillon als Sommerhit» Jørg Himmelreich geht in archithese 3.2014 Neomanie – Langeweile dem Phänomen der Lust an neuen Pavillons nach

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