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Leben, Arbeit, Poesie, Natur

Text: Leonie Charlotte Wagner – 1.11.2019
Fotos: Jørg Himmelreich 

 

Die Open City wurde 1971 nördlich des chilenischen Valparaíso zwischen Dünen am Pazifik als ein abgeschiedenes Laboratorium für pädagogische und architektonische Experimente gegründet. Bis heute besteht die Schule fort. archithese hat den utopischen Ort für das aktuelle Chile-Heft besucht. 
Alles begann, als Alberto Cruz Covarrubias in den 1950er-Jahren eine Gruppe von Architekten, Künstlern und Dichtern an der Pontificia Universidad Católica de Valparaíso um sich versammelte. Gemeinsam entwickelten sie eine Alternative zu dem gängigen Verständnis moderner Architektur. Anstelle von Funktionalität, technischer Modernisierung und sozialen Utopien interessierte sich die Gruppe für Komposition, Dichtung, kollektive Performances und eine intensive Auseinandersetzung mit den jeweiligen Orten, etwa in Form von Skizzen und Installationen. Um Zusammenhänge zwischen Territorium, Identität, und vorkolonialer Geschichte zu ergründen, ging der Kreis auf eine gemeinsame Reise durch Amerika. Schon damals gaben sie ihren Erkundungen durch Dichtung und Skulpturen Ausdruck, die in weiten Landschaften entstanden.
Einige Jahre Später entwickelte sich schliesslich die Idee, das gemeinsame Projekt an einen konkreten Ort zu binden und als «offene Schule» fortzuführen. Die Gründung der Ciudad Abierta fiel in eine Zeit politischer Unruhe – nur zwei Jahre später, 1973, putschte sich Augusto Pinochet zum Diktator von Chile. Als Künstler-Mikrokosmos blieb die Open City von den politischen Geschehnissen weitestgehend unberührt und existiert bis heute. Studierende, Professoren und Künstler arbeiten gemeinsam an Häusern, Pavillons und Skulpturen, die verstreut auf 275 sandigen Hektarn stehen. Sie werden teils von den Professoren, teils von Gästen bewohnt und für Performances und Lesungen genutzt.
Das bricolage-artige der Architektur macht die überlagernden Ideen verschiedenster Mitwirkender sichtbar. An den Bauten lässt sich auch eine ganz spezifische Auseinandersetzung mit dem Ort ablesen. Die Ideen der Open City wirken im zeitgenössichen Architekturdiskurs nach: Viele junge chilenische Architekten schätzen die Verflechtung verschiedenster Arbeits- und Lebensbereiche, die in den modernen Gesellschaften zunehmend voneinander getrennt wurden. Auch das Situative, Performative und Spontane findet erneut grossen Anklang. In ihrem Essay «Reclaiming the Public Realm» untersucht Leonie Charlotte Wagner Zusammenhänge zwischen dem Erbe der Open City und jungen chilenischen Architektinnen. Sie können ihn im neuen Chile-Heft lesen.

 

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