Körner gegen Pellets
Der 118 Meter hohe Kornsilo der Firma Swissmill im Zürcher Industriequartier erhitzt derzeit die Gemüter. In den sozialen Netzwerken wird der Turm zurecht heftig kritisiert und nur wenige Kommentatoren ergreifen für das Projekt Partei, sprechen von «Industrieromantik» und «echter innerer Verdichtung». Luca Deon hat indes mit dem Pelletssilo für die Firma Tschopp in Buttisholz 2014 bewiesen, dass ein solches Objekt dank kraftvoller Gestaltung trotz enger Vorgaben zum architektonischen Highlight werden kann.
Text & Fotos Swissmill-Silo: Elias Baumgarten – 19.4.2016
Fotos & Pläne Pelletssilo Tschopp: Deon Architekten
Von Farbdiskussionen und fehlender Plastizität
Die Debatte über den vom Büro Harder Haas Partner entworfenen Turm im Zürcher Kreis 5 kreist vornehmlich um zwei Aspekte: Einerseits ist zum jetzigen Zeitpunkt die Erstellung in zwei vertikalen Betonierabschnitten ungewollt ablesbar, weil der zweite deutlich dunkler geraten ist. Während die Kritiker eine Panne wittern und über unterschiedliche Mischungen scherzen, erklärte Architekt Robert Haas am Telefon, man müsse das unterschiedliche Alter des Betons berücksichtigen; für ein faires Urteil sei es noch zu früh.
Andererseits fehlt dem fast fertigen Projekt jene Plastizität, welche das der Abstimmungsbroschüre beiliegende Rendering versprochen hatte. Den gut gemeinten Kanneluren fehlt es an Tiefe, so dass sich keine rechte Fernwirkung einstellen mag. Der Silo ist so nicht das kraftvolle skulpturale Objekt in der Stadtlandschaft, das er hätte sein können und für das der Volkssouverän gestimmt hat.
Ein Depot als Skulptur
Dass es anders geht, beweist Luca Deon: Sein 60 Meter hoher Siloturm in Buttisholz wirkt durch die fächerartige Abwickelung in der Aussenform des runden Grundrisses sehr plastisch; aufgrund seiner kraftvollen Gestaltung avanciert er zu einem architektonischen Highlight und prägt das Ortsbild. Die «Nadelstreifen» wie Deon diese Kanneluren nennt, fallen dabei in Zusammenhang mit der Funktion nach oben hin weniger dicht aus: Der erste Wechsel markiert die maximale Füllhöhe, ein zweiter die Lage des flachen Daches.
Bei all dem Lob ist wichtig zu erwähnen, dass auch in Buttisholz enge Vorgaben seitens Betreiberfirma und Heimatschutz genüge getan werden musste. So konnte der im Wettbewerbsentwurf vorgeschlagen ovale Grundriss genauso wenig verwirklicht werden wie eine umlaufende Treppe und unterschiedliche Farben für die Betonkanten. Das Projekt ist nicht nur Ergebnis starken Gestaltungswillens, sondern auch komplizierter Verhandlungsprozesse: Die Pläne wurden offen kommuniziert und diskutiert, es wurde abgewogen und schliesslich abgestimmt. Dies zeigt, dass strikte ökonomische, technische und politische Anforderungen starken Gestaltungswillen nicht ausbremsen (müssen).