Farbige Offenheit
Rüssli Architekten aus Luzern und Steven Holl haben den international ausgeschriebenen Wettbewerb für die neue Schweizer Einsatzzentrale von Ärzte ohne Grenzen (MSF) gewonnen. Der Neubau im Genfer UNO-Quartier ist gleichzeitig der neue Hauptsitz von MSF Schweiz.
Text: Cyrill Schmidiger – 3.11.2017
Offene Architektursprache
Der Entwurf zeigt sich transparent und bunt – und arbeitet mit einem hohen symbolischen Gehalt: Denn die Gläser sollen, so ist in der Medienmitteilung zu lesen, die Farben der «Menschlichkeit» repräsentieren. Das Material in verschiedenen Kolorierungen dominiert das Erscheinungsbild und zugleich steht es für die Offenheit der medizinischen Nothilfeorganisation. Die kubische Geometrie sorgt für Flexibilität und garantiert, dass auch in Zukunft weitere Baukörper addiert werden können. Im Innern des Neubaus verbinden miteinander verwobene Passagen die einzelnen Räume. Sie stehen für einen offenen Dialog und sollen die Interaktion zwischen allen im Büro aktiven Personen fördern. «Der Gewinnerentwurf wiederspiegelt auch die Kernwerte von MSF wie Unabhängigkeit, Unparteilichkeit, Neutralität und Altruismus», sagt Mathieu Soupart, Leiter der Logistikabteilung. An der Fassade des Gebäudes sorgen Photovoltaikgläser in verschiedenen Permeabilitätsgraden für Energie, Schatten und schliesslich auch für die kräftigen Farben. Die Paneele sollen 72 Prozent des benötigen Eigenstroms produzieren.
Zentrale und Knotenpunkt
Der neue Hauptsitz von MSF Schweiz soll Arbeitsplätze sowie Besprechungs-, Sitzungs- und Sozialräume für rund 250 Mitarbeitende zur Verfügung stellen. Sie unterstützen die Arbeit von 6 500 Engagierten in über 60 Projekten verteilt auf 23 Länder. Das Gebäude wird aber auch das internationale Büro von MSF beherbergen, das internationale Sekretariat der MSF-Bewegung sowie die Access Campaign: Die Medikamentenkampagne engagiert sich dafür, dass dringend benötigte Medikamente in ärmeren Ländern erschwinglich sind und fördert die Erforschung neuer Arzneimittel, Impfstoffe und Diagnostika. Der Baubeginn ist für das Frühjahr 2019 geplant.
> Eine archithese zu Steven Holl erschien 1994. Sie ist im Online-Shop erhältlich.
> In archithese 4.2008 Peking 2008 + Shanghai werden weitere Projekte von Steven Holl besprochen.