Es grünt (im Museum)
In den letzten Jahren haben sich Fassaden- und Dachbegrünung zum gern ins Zentrum gerückten Vorzeigemodell gemausert. Doch wird den Verfechtern der plakativen Ausgestaltung von Architekturen mit Gebäudegrün seit längerem Greenwashing vorgeworfen. Das Deutsche Architekturmuseum (DAM) in Frankfurt widmet sich in seiner neuen Ausstellung «Einfach Grün – Greening the City» den Vorzügen, Mythen und Herausforderungen städtischen Grüns und will vor allem eins: zur Nutzung des Gebäudegrüns anregen. Mit der Wiedereröffnung der Museen in Deutschland öffnet am 12. März nun auch das DAM seine Pforten.
Text: Martin Kohlberger – 22. Januar 2021
Einmal Greenwashing bitte!
Bekannt wurde die Gebäudebegrünung durch die Fassaden von Patrick Blanc, aber auch durch Vordenker wie beispielsweise Friedensreich Hundertwasser. Mit ihrer plakativen Erscheinung hat sich das Gebäudegrün sich mittlerweile zum Business-Zweig entwickelt. Auch die Ausstellung im Deutschen Architekturmuseum (DAM) wird von einschlägigen Unternehmen und Vereinigungen unterstützt. Die Idee die Natur ins Gebäude zu holen und auf Biodiversität zu setzen, ist in Zeiten des Klimawandels und der Überhitzung der Innenstädte durchaus aktuell. Doch was bringt sie wirklich, die Begrünung?
Jetzt wird abgekühlt
Vom Kurator*innen-Team wird betont, dass die richtige Auswahl der Pflanzen von besonderer Bedeutung ist. Gebäudegrün ist nicht gleich Gebäudegrün. Dieses kann eine hohe Menge an grauer Energie benötigen. Projekte wie der Bosco Verticale (Stefano Boeri, 2014) in Mailand werden zwar präsentiert, sind aber kein absolutes Positivbeispiel. Doch richtig ausgewählt sollen die Pflanzen neben erhöhter Lebensqualität für die Bewohnenden auch für Schallschutz sorgen. Mit Verdunstungskühlung und Abschattung der thermischen Masse wird die Hitze der Stadt erheblich gemildert. Vor allem in den heissen Monaten sorgt dies für Einsparung an Kühlenergie. Schliessen sich viele an, so die Idee, mindert sich die Hitze um vier bis fünf Grad Celsius. Auch die psychologischen Vorzüge des städtischen Grüns finden Platz in der Ausstellung.
Häufig bebildert
In Magazinen und Architekturfotografien gekonnt inszeniert, verändern die Gebäudebegrünungen auch die Architektur und das Entwerfen. Plötzlich wird die grüne Geste zur Dominante im Erscheinungsbild. Das heisst in der Architekturwelt aber ebenso oft, dass die Pflanzen inszeniert, getrimmt und kontrolliert werden. Pflanzen, die einfach wachsen, finden sich wenige. So haben die Begrünungen selten mit wirklicher Natur zu tun, und Insekten im Wohnzimmer stören ebenso wie ungewollte Vogelexkremente auf dem Balkon. Biodiversität ist für den Menschen nicht nur bequem. Gewiss, mit der Gebäudebegrünung kann neben der Kühlung der Städte einiges erreicht werden. Jenseits der Symptombekämpfung muss eine universelle Lösung für Umweltprobleme allerdings anderswo gesucht werden.
Digitale Eröffnung
Die digitale Ausstellungs-Eröffnung am 28. Januar um 18 Uhr kann online mitverfolgt werden. Darüberhinaus gibt es Interviews auf der Website des Museums zu sehen. Zusätzlich wird die Ausstellung im Deutschen Architekturmuseum von einem digitalen Programm begleitet. Die Schau beantwortet häufig gestellte Fragen zum Thema und zeigt gelungene Projekte. Das Credo dabei: Jeder kann einen Beitrag leisten. Dieser Appell an die Eigenverantwortung will vor allem die Besuchenden überzeugen, selbst mit Gebäudebegrünung zu arbeiten, oder diese am Eigenheim anzubringen.
Derzeit hofft man noch, am 14. Februar die Pforten für erste Besuchende öffnen zu können. Das Online-Programm ist jedoch bereits in Stellung gebracht.
Die Ausstellung «Einfach Grün – Greening the City» ist ab der Öffnung der Museen bis zum 11. Juli 2021 im Deutschen Architekturmuseum (DAM) in Frankfurt am Main zu sehen. Ein begleitendes Online-Programm gibt es auf dam-online.de