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Es gibt noch viel zu tun

Am 8. März ist Weltfrauentag. Doch statt roter Nelken braucht es konkrete Schritte, um bestehende Ungleichheiten zu bekämpfen, die auch die Architekturdisziplin betreffen. Das Problem findet sich in allen Bereichen der Gesellschaft, aber auch in unserem eigenem Berufsfeld – der Architekturpublizistik

 

Text: Martin Kohlberger – 8.3.2021

 

Seit über hundert Jahren existiert der internationale Weltfrauentag, um Bewusstsein für fehlende Geschlechtergerechtigkeit zu schaffen. Die Benachteiligung von Frauen ist ein gesellschaftliches Problem, zieht sich durch alle Lebensbereiche und kann nicht mit einzelnen Massnahmen beseitigt werden. Obwohl es konkrete Schritte auch im Kleinen benötigt, ist es unerlässlich, sich der unzureichenden Handlungsmöglichkeiten bewusst zu werden. Denn ein höherer Frauenanteil in den Chefetagen vermag nicht, die strukturelle Benachteiligung von Frauen zu beseitigen. Gleichzeitig besteht noch immer die Vorstellung von der Powerfrau, die alles schaukelt. – Auch die Verbindung von Beruf und Freizeit und das Socializing nutzen vorwiegend Männer, die sich freiwillig – oder gezwungenermassen – mit Ihren Kollegen über mögliche zukünftige Projekte austauschen.
In wenigen anderen Disziplinen ist die sogenannte «gläserne Decke» derart präsent wie in der Architektur. Zwar ist die Anzahl der Architekturstudierenden beinahe ausgeglichen, doch zum Beispiel in Deutschland sind 78 Prozent der Führungskräfte in Architekturbüros noch immer männlich. Als Architekten und Architektinnen haben wir noch einen weiten Weg vor uns. Zur Veränderung beitragen können klar geregelte Arbeitszeiten, aber auch Lohntransparenz. Gerade in der Schweiz, in der das Gehalt viel zu oft Privatsache bleibt, wäre dies bitter notwendig.

 

Die Architektur ist weiblich
Alle Jahre wieder heisst es, die Architektur muss weiblicher werden. Doch Frauen im Feld der Architektur sind erst einmal nichts grundsätzlich Neues. Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts zeichneten Architektinnen verantwortlich für herausragende Gestaltung und wegweisende Bauten – Aufmerksamkeit haben sie dafür jedoch wenig erfahren. Wie präsent Architektinnen sind, ist ein wichtiges Thema. Das fängt bei den zuvor angesprochenen Chefetagen an. Aber auch über wen oder was berichtet wird, ist von Bedeutung.
Hier wird es Zeit, uns selbst in die Verantwortung zu nehmen. Die eigene Wahrnehmung der Architekturwelt muss reflektiert werden – und auch, wie es eigentlich in den Redaktionen zugeht. Das Verlangen nach einer ständigen Abrufbarkeit in der «Kreativwelt» ist dabei hinderlich – vor allem aufgrund er Tatsache, dass die Rollenzuteilung nicht gleichberechtigt erfolgt.

 

In Zahlen
Nicht nur Architekturbüros und Hochschulen haben ein Problem – auch in den Redaktionen der Schweiz herrscht Ungleichheit bei der Beschäftigung.
Eine prekäre Finanzierung, ungeregelte Arbeitszeiten und die Notwendigkeit, ständig verfügbar zu sein, erlauben die Ausübung des Berufs vor allem Männern, die tendenziell weniger Verantwortung in Pflege- und Hausarbeit übernehmen. Ein Teufelskreis, der Rollenbilder reproduziert, Stereotype aufbaut, und in dem männerdominierte Seilschaften und Netzwerke weiterhin für einen beruflichen Aufstieg wichtig sind. Es bleibt also besonders für Männer wichtig, die eigene Rolle zu reflektieren und sich auch weiterhin darüber Gedanken zu machen, was Frauen dazu bringt, sich für Architekturkritik und Redaktionsarbeit zu interessieren. Es gibt noch viel zu tun.

 

> In einem Sonderheft zur Ausgabe archithese 2.2016 Bildungslandschaften widmete sich archithese der Situation von Frauen innerhalb der Männerdomäne Architektur.

> Blinde Flecken finden sich an vielen Stellen der Architekturgeschichte – So auch im Fall Berta Rahm. Mit viel Unterstützung wurde nun beschlossen, ihren Saffa-Pavillon (Schweizerische Ausstellung für Frauenarbeit, 1958) wieder aufzustellen.

> Seit der Initiierung des Pritzker-Preises wurden fünf Architektinnen mit dem höchsten Award der Architektur geehrt. Mit der Verleihung an Grafton Architects steht es jetzt 5 zu 43.

 

 

Unsere Empfehlung

archithese 2.2020

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Unsere Empfehlung

archithese 2.2016

Bildungslandschaften