Ein paar Wände
gta Ausstellungen reflektiert mit der Schau Christopher Williams. Supplements, Models, Prototypes auf dem Zürcher Hönggerberg das eigene Medium. Zu sehen sind temporäre Wände aus vergangenen Ausstellungen des Fotokünstlers. Williams Spiel mit Konventionen könnte für den Architekturdiskurs interessant sein. Aus der Schau in Zürich kann man aber wenig herausziehen.
Text + Fotos: Jørg Himmelreich – 3.3.2017
Wandvariationen
Die monografische Ausstellung Supplements, Models, Prototypes, die am 28. Februar 2017 eröffnet wurde, diskutiert die Bedeutung von Ausstellungsarchitektur und -design innerhalb der Praxis des US-amerikanischen Fotografens Christopher Williams. Die Schau präsentiert temporäre Wänden aus Ausstellungen des Künstlers. Laut den Kuratoren unterschiedliche Typen – funktional, mobil bis provisorisch. Um das zu erkennen, muss man aber genau hinschauen. Denn auf den ersten Blick unterscheiden sich lediglich die Farben der Oberflächen – grün, weiss und schwarz wirken sie wie ein konstruktivistisches Kunstwerk. Mit einer schnellen Betrachtung kommt man hier nicht weit. Es geht wohl darum, den Blick fürs Detail zu schärfen. Die Wandparade wurde um eine kleine Skulptur von Peter Fischli und David Weiss aus ungebranntem Ton ergänzt. Begleitet wird die Ausstellung von einer Vortragsreihe, Gesprächen am runden Tisch sowie Studententreffen innerhalb des Departements für Architektur der ETH. Doch zeigt die Schau leider nicht das Wesentliche. Williams Arbeit ist interessant, weil sie meist in einem grösseren System von Architektur, Ausstellungsgestaltung, Büchern, Postern, Videos, Vitrinen und Signaletik präsentiert wird. Erst im Dialog dieser Elemente entfaltet sie ihre Kraft. Das war besonders eindrücklich in der grossartigen Williams-Retrospektive The Production of Happiness in der Londoner Whitechapel Gallery 2015 zu sehen. Christopher Williams sauber gerahmte fotografischen Arbeiten traten in einen vielschichtigen Dialog zu grob verarbeiteten, an den Seiten offenen, temporären Wänden und flott verspachtelten Oberflächen. Mitunter sprangen farbige Flächen über Wände, durch Vitrinen, tauchten in Fotos wieder auf und überlagerten Texte an den Wänden.
Ohne Fotografien fehlt den Wänden in Zürich jedoch das Gegenüber. Sie sprechen ins Leere. Nur wer andere Schaun Williams' kennt, weiss, worauf angespielt wird. Einzig eine flache Vitrine im Vorraum, die teilweise eine gross auf die Wand gemalte Namensliste überlagert, verweist auf das Potanzial der Auseinandersetzung mit und dem Bruch von Konventionen in der Gestaltung von Ausstellungen.
Auftakt für das Visiting Artist Programm
Im Rahmen des neue Visiting Artist Programms des Departements für Architektur der ETH Zürich werden einmal im Jahr Persönlichkeiten aus dem Bereich der Kunst eingeladen eine Ausstellung zu produzieren und mit den Architekturstudierenden zu arbeiten. Die Schau von Christopher Williams macht den Auftakt. «gta Ausstellungen versteht Architekturausstellungen als ein Medium für Forschung und Lehre», schreiben die Macher. «Das Ziel besteht dabei nicht so sehr darin, Wissen zu repräsentieren und vermitteln, sondern vielmehr darin, Wissen im Bereich von Architekturausstellungen zu generieren.»
Rückkopplungen?
Kunst bereichert zweifelsohne den Architekturdiskurs. Auch archithese fragt fortwährend nach fruchtbaren Impulsen und Reflexionen von Kunst über das Gebaute und umgekehrt. Philip Ursprung, seit 2011 Professor für Kunst- und Architekturgeschichte am Institut für Geschichte und Theorie der Architektur übernahm 2013 die gta Ausstellungsabteilung von Philippe Carrard, der diese 27 Jahre geleitet hatte. Die Feder führen die Kuratoren Fredi Fischli und Niels Olsen. Seitdem steht das Künstlerische bei den Ausstellungen im Vordergrund. Das kann den Architekturdiskurs bereichern. Die aktuelle Schau zeigt aber, dass dies eine Gratwanderung ist.
Kritisch gegenüber der Präsentation von Firmen und anderen Sponsoren in der ETH waren anfangs einige froh, dass der gta Ausstellungsbetrieb vor wenigen Jahren von Ziegel- und Fensterpreisen bereinigt wurde. Doch nun werden kritische Stimmen laut, die beklagen, dass sich die Institution zu weit von der Vermittlung architektonischer Inhalte entferne. Das öffnet immerhin Spielräume für neue Player – beispielsweise das von der Stadt Zürich finanzierte Architekturzentrum im Museum Bellerive, welches bereits in den Startlöchern steht und vom ehemaligen Chefredaktor der archithese J. Christoph Bürkle geleitet werden wird.
Die Schau ist vom Mittwoch dem 1. März 2017 bis Freitag den 2. Juni 2017 in der ARchENA des HIL-Gebäude auf dem Campus ETH Hönggerberg zu sehen.