Drachenstil und Nationalromantik
Über mehrere Jahrhunderte, bis zur Unabhängigkeit 1905, befand sich Norwegen zunächst unter dänischer, dann unter schwedischer Herrschaft. Im 19. Jahrhundert verstärkte sich die Suche nach dem spezifisch Norwegischen.
Die Drachenköpfe auf dem First eines Hauses in Valestrand, das der Architekt Conrad Fredrik von der Lippe 1867 für den Geigenvirtuosen Ole Bull errichtet hatte, waren die ersten Anzeichen des Drachenstils, der die letzten Dekaden des 19. Jahrhunderts in Norwegen prägen sollte – einhergehend mit den Tendenzen einer sich verstärkenden Norwegisierung. 1892 errichtete Holm Hansen Munthe das Anwesen Kornhaug in Follebu – eine Phantasmagorie des Altnordischen mit Drachenköpfen und Stabkirchenelementen. Das Mappenwerk Die Holzbaukunst Norwegens, an dem auch Munthe mitarbeitete, machte die norwegische Holzarchitektur dann auch in Deutschland in grösserem Umfang populär. Grosso modo war die Mission des Drachenstil mit der Auflösung der Union mit Schweden und der Unabhängigkeit des Landes im Jahr 1905 jedoch erfüllt.
In seinem Einleitungsessay für das aktuelle Länderheft der archithese klärt Hubertus Adam über die bewegte Vergangenheit Norwegens auf und zieht Parallelen zur damaligen Architektursprache. Neben dem Drachenstil geht es um Stabkirchen, Wikingerschiffe und Wasserkraftwerke.