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Das Haus des Architekten

Was passiert, wenn sich Architekten eigene Häuser bauen? Wie werden Haltung und Ideen destilliert?
Die Villa Kolb beeindruckt durch ihre ungewöhnliche Erscheinung – ein zylinderförmiger, vollflächig verglaster Körper, dessen kreisrunder Grundriss über die Wohnebenen einen kontinuierlichen, fliessenden Raum beherbergt. Im eigenen Haus schuf sich der Architekt Otto Kolb eine ganz persönliche Choreografie des Wohnens. Zu bestaunen ist diese derzeit in einer Schau des Architekturforums Zürich.

 

Text: Andrea Wiegelmann
Fotos: Reto Guntli

 

«Chicago-Kolb»
Otto Kolbs zwischen 1980 und 1982 realisiertes, zylinderförmiges Glashaus in Wermatswil bei Uster bezeichnete der Architekt selbst als sein «Lebenswerk». In den Räumen des Zürcher Architekturforums ist eine kleine, feine Schau dem Schaffen des Architekten und Designers gewidmet – sein Haus in Uster steht im Mittelpunkt. Kolb, der sich in seinen Bauten ebenso mit Ingenieurbau und Ökologie befasste, wurde 1948 als 27-järhiger an das Institut of Design (ID) in Chicago berufen. Zuvor hatte er im Architekturbüro von Alfred Roth gearbeitet und über diesen Siegfried Giedeon kenngelernt, der ihn schliesslich Serge Chermayeff, Direktor des ID, empfahl. 1960 kehrte der Architekt in die Schweiz zurück. –Seinen Freunde nannten ihn von da an nur noch «Chicago-Kolb».

 

Grenzgänger zwischen den Disziplinen
Die von der Kunst- und Architekturhistorikerin Rahel Hartmann Schweizer kuratierte Ausstellung zeigt neben der Villa in Wermatswil weitere von Kolb realisierte und projektierte Wohnbauten aus der Zeit vor 1948, den Jahren in den USA sowie aus der Zeit nach Kolbs Rückkehr in die Schweiz. Die Präsentation von Plänen, Fotografien, Modellen und Zeichnungen macht dabei Verwandtschaften zwischen den Bauten ebenso sichtbar, wie sie zentrale Themen in Kolbs Architektur offenlegt, die die Bauten auszeichnen: Gemeinsam ist den Projekten eine grosse Sensibilität gegenüber dem jeweiligen Umfeld sowie ein sparsamer Umgang mit den eingesetzten Materialien – Konstruktion und Form bedingen sich oftmals gegenseitig. Die Häuser sind vom Boden gelöst, die Grundrisse öffnen sich zur Umgebung, die gleichsam den Rahmen für das Leben im Haus bildet. Die Bauten überzeugen mit klaren Proportionen ebenso, wie der Reduktion dienender Räume zugunsten offener Wohnbereiche. Antike Tempelarchitekturen sind Kolb für seine Entwürfe ebenso Inspiration, wie die traditionelle japanische Architektur. Musik und Kunst informierten die Proportionen seiner Räume und deren Kubaturen. Und gleichzeitig zeugen Kolbs Bauten von seinem Interesse an Neuem, an aktuellen Entwicklungen und Bautechniken. Fragen der Ökologie bewegen den Architekten in seinen Arbeiten ebenso. Und zu guter Letzt verband er in seinen Entwürfen traditionelles mit industriellem Bauen.

 

Beeindruckendes Raumkontinuum
In Kolbs Villa schliesslich kristallisierten sich all die gestalterischen Themen, mit denen sich der Architekt und Designer befasste. Die zylinderförmiger Kubatur der Villa ist gefasst von einer filigranen Stahlkonstruktion, deren runde Stützen das Haus in zwei Reihen umschliessen. Die Fassaden spiegeln das Grün des umgebenden Grundstücks. Fast scheint es, als verschmelze das Haus mit seiner Umgebung. Dazu trägt auch eine Wasserfläche bei, die einen Teil des Hauses umschliesst. Im Inneren bildet ein Wasserbecken im Zentrum das passende Gegenstück. Es bildet als innerer Garten das Zentrum des Hauses, einer Miniaturlandschaft gleich. Um die Wasserfläche sind ein Essbereich, der Salon sowie eine Bibliothek angeordnet. Die Wohnebenen im Haus Kolb sind miteinander verbunden, sie bilden einen kontinuierlichen, fliessenden Raum, wechselnd zwischen offenen, grosszügigen Wohnbereichen und geschlossenen, engen Zonen. Je nach Situation ist der Aussenraum einmal Panorama und einmal gerahmter, wohldosierter Bildausschnitt.

 
Die Ausstellung ist bis zum 14.4.2017 im Architekturforum Zürich zu sehen.

 

Die Publikation zur Schau: Rahel Hartmann Schweizer (Hg.), Otto Kolb. Architekt und Designer, Zürich 2013.

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