Beeindruckend rücksichtsvoll
Die Planung für das Hochschulgebiet Zürich Zentrum nimmt konkretere Formen an: In einer Medienkonferenz wurden die Siegerprojekte der Wettbewerbe des neuen Universitätsspitals und des Forums der Universität Zürich präsentiert. Die Projekte von Christ & Gantenbein sowie Herzog & de Meuron zeichnen sich durch eine interessante Verzahnung mit dem öffentlichen Freiraum aus. Darf man den Visualisierungen Glauben schenken, werden sie sich gut einpassen und nicht – wie von Kritikern befürchtet – den Charakter des heterogen bebauten Quartiers sprengen.
Text: Julian Bruns – 9.1.2019
Bereits seit Anfang November 2018 sind die beiden Basler Büros als Sieger für die Wettbewerbe des neuen Hauptgebäudes des Universitätsspitals und dem Forum der Universität Zürich bekannt, die den Auftakt für den Umbau und die Verdichtung des Hochschulgebiets Zürich Zentrum, kurz HGZZ, bilden sollen. In einer gemeinsamen Medienkonferenz von Bau-, Gesundheits- und Bildungsdirektion des Kantons mit der Stadt Zürich sowie dem Universitätsspital, der Universität und der ETH Zürich wurden gestern die Ergebnisse der Öffentlichkeit präsentiert. Einleitend erläuterte unter anderem Stadtrat Richard Wolff erste Ideen für ein Mobilitätskonzept, um das wachsende Verkehrsaufkommen zu bewältigen. So soll ein Grossteil der Mitarbeiter, Studierenden und Patienten das neue Zentrum zu Fuss oder mit dem Velo erreichen können. Zudem wurde ein altes Schubladenprojekt wieder hervorgekramt: Die Idee eines unterirdischen Shuttles, der vom Hauptbahnhof zum neuen HGZZ und dann über den Helmplatz zum Bahnhof Stadelhofen führen könnte.
Ein «urbanes» Unispital in zwei Etappen
Die Bauten des Universitätsspitals entsprechen nicht mehr den aktuellen technischen Anforderungen. Deshalb soll das bestehende Gebäude in zwei Etappen erweitert werden. Für Christ & Gantenbein ist es der erste Spitalbau. Sie schlagen insgesamt vier miteinander verbundene Gebäude vor – drei davon mit innenliegendem Hof. Damit reagieren sie auf die Sorgen von Anwohnern und Politik, die befürchteten, dass es beim umfangreichen geforderten Programm unausweichlich gewesen wäre, riesige Türme oder Klötze ins Quartier einzufügen. Die Architekten haben dies geschickt berücksichtig, indem sie ihrem Entwurf sowohl auf einer materiellen, als auch auf einer städtebaulichen Ebene mit der Umgebung und noch mehr mit dem Altbau, der von Haefeli Moser Steiger 1953 errichtet wurde und mittlerweile als Ikone der Zürcher Baukultur gilt. Der Neubau soll die Höhen des Bestandes aufnehmen und damit 13 Meter unter der maximal zulässigen Höhe bleiben. Die Architekten erklärten in einem NZZ-Interview, dass sie eigentlich kein Spital bauen wollen, sondern ein Quartier. Deshalb haben Sie versucht, «eine Spitalarchitektur zu erschaffen, die eine gewisse Vitalität und Nähe zum städtischen Leben hat». So sollen Kontakte entstehen zwischen dem alltäglichen Universitäts- und Quartiersleben und dem Spital, damit die Patienten während ihres Aufenthalts nicht isoliert, sondern in das urbane Leben eingebunden sind.
Ein Forum für die Universität
In unmittelbarer Nachbarschaft zum Spital soll das neue Forum der Universität Zürich einige derzeit verstreut in Zürich untergebrachte Abteilungen der Hochschule wieder bündeln. Ähnlich wie beim benachbarten Entwurf für das Universitätsspital bleibt auch das Projekt von Herzog & de Meuron zwei Geschosse unter der maximal erlaubten Höhe. Zudem halten sie im Gegensatz zur Wettbewerbskonkurrenz, beinahe die halbe Parzelle frei und spannen so einen neuen Platz entlang der Rämistrasse auf – die Gloriaterrasse. Dadurch entsteht ein verhältnismässig kleiner Baukörper, der sich in die vorhandenen Bebauungsstruktur des Universitätsquartiers eingliedern soll. Zwei Untergeschosse unter dem Hochbau und dem Platz kompensieren das fehlende oberirdische Volumen. Herzstück und damit zentraler Begegnungsort ist das längliche und natürlich belichtete Forum, das die Nutzungen der Untergeschosse mit dem öffentlichen Platz und den Büros und Schulräumen der Obergeschosse verbindet.
Langer Weg zur Fertigstellung
Bis die beiden vorgestellten Projekte bezogen werden können, wird allerdings noch viel Zeit verstreichen. Das Forum soll 2026 in Betrieb genommen werden; die erste Etappe des Spitals ein Jahr früher. Die Fertigstellung ist jedoch erst auf 2037 datiert. Bis dahin werden noch zwei weitere Entwicklungsachsen angestossen: Das Gebiet um die Neue Sternwartstrasse Ost und das USZ-Kernareal Mitte (Zeithorizont circa 2035) sowie das Nord- und das Spöndliareal (Zeithorizont circa 2040).
Ab heute sind bis zum 8. Februar 2019 im Universitätsspital Zürich die Wettbewerbsbeiträge für den Erweiterungsbau zu sehen und bis zum 24. Januar werden im Hauptgebäudes der Universität Zürich die eingereichten Projekte für das Forum ausgestellt.
> Jacques Herzog und Pierre de Meuron erhielten im Oktober 2018 die Ehrendoktorwürde der TU München.