Herausforderung Flüchtlingszuzug
Christa Reicher über Stadtentwicklung im Kontext der Flüchtlingskrise
Text: Christa Reicher – 9.11.2015
Foto: Rebecca Hams
Wenn derzeit der Eindruck vorherrscht, die enorme Zuwanderung von Flüchtlingen nach Europa müsse mit kurzfristigen Massnahmen wie der Errichtung von Erstaufnahmestellen oder einer Notversorgung «überstanden» werden, so wird eines noch nicht hinreichend wahrgenommen: Unsere Städte werden sich durch den Flüchtlingszuzug mittel- und langfristig verändern und die Stadtentwicklung muss sich diesen enormen gestalterischen Herausforderungen stellen.
Die deutsche Politik reagiert auf der Bundes- und Landesebene mit neuen Förderprogrammen für den sozialen Wohnungsbau, die möglichst schnell umgesetzt werden sollen. Eine längst überfällige Massnahme vor dem Hintergrund der «neuen» Wohnungsnot in vielen Grossstädten. Auch wenn es schnell gehen muss mit der Realisierungen von Hunderttausenden von Wohnungen und diese kostengünstig sein sollen, so dürfen die Fehler der Vergangenheit (wie die monofunktionalen Großsiedlungen) keinesfalls wiederholt und die in einem langen Prozess um Qualität errungenen Standards nicht einfach «über Bord» geworfen werden.
Integration kann durch räumliche Bedingungen gefördert werden. Die Möglichkeit der Teilhabe an der Gesellschaft ist eine wichtige Voraussetzung für Integration. Hierzu können sicherlich auch architektonische Konzepte ihren Beitrag leisten, aber der Blick auf das Ganze, also die nachhaltige Stadt und ihre Quartiere, darf nicht verloren gehen. Ansonsten laufen unsere Städte Gefahr, dass die Zuwanderung zulasten der bereits heute benachteiligten Stadtquartiere geht und sich «Armutskonkurrenzen» verschärfen.