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In Wien baut das Büro gerner°gerner plus zusammen mit den Partnerteams M&S Architekten und Transparadiso ein neues Wohnquartier. Entstehen soll ein sozial durchmischtes Viertel, welches an das ehemalige Industrieareal der Ankerbrotfabrik anschliesst. Dieses wurde 2014 unter dem Namen Loft City als pulsierender Kulturort wiederbelebt.

 

Text: Cyrill Schmidiger – 21.2.2018

 

Von der Industriebrache zum kulturellen Hot Spot
Die Ankerbrotfabrik wurde 1891 als Wiener Brot- und Gebäckfabrik Heinrich und Fritz Mendl gegründet. Schon wenige Jahre später war sie die grösste Bäckerei in Europa. Im Ersten Weltkrieg wurde es zu einer der wichtigsten Nahrungsmittelversorger. Doch die Zeiten änderten sich: Nach mehrfachem Besitzerwechsel und wirtschaftlichen Schwierigkeiten wurde die Firma 2003 von der Familie Ostendorf übernommen. Sie startete ein umfassendes Restrukturierungsprogramm, in dessen Zuge Anfang 2009 die Loft City GmbH & Co KG die stillgelegten Teile der Ankerbrotfabrik erwarb. In unmittelbarer Nachbarschaft zur noch bestehenden Produktion der heutigen Ankerbrot AG entstand das Kulturareal Brotfabrik Wien. Multifunktionale Hallen mit Galerien, Ateliers, Gastronomieangeboten oder Musik- und Tanzschulen beleben die einst leer gestandenen Industriebauten.

 

Scharnierfunktion
Basierend auf dieser breiten Palette von Einrichtungen und Freizeitmöglichkeiten soll nun ein Wohnangebot entstehen, das diese kulturelle Vielfalt aufnimmt und eine soziale Durchmischung fördert. Letztere bildet den Kern des Entwurfs, so die Architekten. Das Gebäudeensemble ist siebenteilig, wobei die einzelnen Blöcke mindestens fünf und maximal zwölf Geschosse aufweisen. Städtebaulich bildet das Projekt eine Klammer zwischen dem Areal der Brotfabrik im Süden und den bestehenden Grünflächen im Nordosten. Gegen den kulturellen Hot Spot grenzt das Wohnquartier mit einer C-förmigen Anlage, die aus den Bauteilen 4–6 besteht. Sie wirkt als Schallschutz. Gleichzeitig ist das Wohnquartier beim Bauteil 4 durch einen öffentlichen Gang mit dem ehemaligen Industrieort verbunden. Seine Fassade zeichnet sich nebst vielen unregelmässig verteilten Fenstern durch vier grosszügige Glasöffnungen aus. Sie sorgen dafür, dass das Gebäude nicht abweisend wirkt. Ein markantes Merkmal bildet zudem der gemeinschaftliche Ballspielbereich auf dem Dach. Er ist mit einem Netz umspannt, das wie eine Krone auf dem Haus sitzt und ein wenig an die Elbphilharmonie von Herzog & de Meuron in Hamburg erinnert. Der begrünte Innenhof ist öffentlich zugänglich. Mehrere der dorthin gerichteten Fassaden sind mit Balkonen, Terrassen und Loggien durchdrungen. Der Bauteil 7, der schräg in die Mitte dieses Aussenbereichs gesetzt ist, unterteilt die Freiflächen in öffentliche Bereiche mit urbanem Charakter und in privatere Zonen.

 

Vielfältig und offen
Betreutes Wohnen, geförderte Mietwohnungen für Senioren und Familien, aber auch Studios für Studenten und Asylanten tragen zu einer sozialen wie auch kulturellen Durchmischung bei. Kooperationen mit gemeinnützigen Organisationen sollen die Entwicklung des Quartiers stärken. Kollektiv nutzbare Zonen wie Foyer, Waschküche oder Fitnessraum befinden sich im Erdgeschoss oder Souterrain. Beim Bauteil 4 sind es die verglasten und über zwei Geschosse konzipierten Wohnbereiche, die einen halböffentlichen Raum schaffen. Sie sind mit einer Gemeinschaftsküche ausgestattet. Bei anderen Gebäuden sind die Laubengänge bei den Wohnungseingangstüren verbreitert und bieten sogenannte Sonnenplätze.

 

> Über den Wiener Wohnungsbau lesen Sie in archithese 4.2003 Wohnbauprogramme.

> Im Rahmen der Vienna Biennale suchte das Architekturzentrum Wien mit der Ausstellung Care + Repair den Urbanismus von morgen. 

> Die Ausstellung Together! Wie wollen wir wohnen? fragte nach neuen Formen des Zusammenlebens.

 

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